Doch über all diesen netten, jahreszeitlichen Nebensächlichkeiten möchte ich die Hauptsache der Adventszeit nicht vergessen. Denn wir sind eingeladen, uns des Wartens zu erfreuen!
Für viele Menschen sind Wartezeiten ja eher negativ besetzt. Das Warten auf einem zugigen Bahnsteig wird als Zumutung erfahren, insbesondere wenn gar nicht klar ist, ob der Zug überhaupt kommen wird. Das Warten auf eine Freundin, die immer gerne zu spät kommt, ist einfach lästig und man ist geneigt nachzufragen, ob sich ein pünktliches Erscheinen am verabredeten Ort eigentlich noch sinnvoll ist.
Es gibt aber auch Wartezeiten, die mit freudiger Anspannung durchlebt werden. Wenn endlich der errechnete Termin herangerückt ist, an dem das erste Enkelkind zur Welt kommen soll, dann ist das ein freudiger Moment. Oder wenn der Tag der Abreise für das Studienjahr im Ausland, wird der junge Mensch erwartungsvoll auf das Neue zugehen.
Adventskranz und Adventskalender wollen uns in den nächsten Wochen wieder in das Geheimnis des freudigen Wartens einführen – und nicht nur, um uns die Zeit bis zum Weihnachtsfest zu verschönen.
Denn eine jede Adventszeit erinnert uns ja daran, dass wir Wartende sind, dass wir im Glauben an Jesus Christus an jedem Tag adventlich leben dürfen. Denn Jesus ist ja nicht nur damals als Kind in der Krippe in Bethlehem geboren worden. ER ist ja auch der kommende Messias, der diese Welt vollenden wird.
Doch – bis ER dann wiederkommen wird, dürfen wir unser Leben hier und jetzt auch durch seine Gegenwart verändern lassen. Denn der kommende Messias ist ja der, der schon zugesagt hat: Siehe ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende! (Matthäus 28,20)
Und wenn wir uns fragen, was sich bei uns Christus verändern soll, dann können uns vielleicht die Bitten, die Hans von Lehndorff – auch als Adventslied – formuliert hat, eine Hilfe sein:
1. Komm in unsre stolze Welt, / Herr, mit deiner Liebe Werben. / Überwinde Macht und Geld, / lass die Völker nicht verderben. / Wende Hass und Feindessinn / auf den Weg des Friedens hin.
2. Komm in unser reiches Land, / der du Arme liebst und Schwache, / dass von Geiz und Unverstand / unser Menschenherz erwache. / Schaff aus unserm Überfluss / Rettung dem, der hungern muss.
3. Komm in unsre laute Stadt, / Herr, mit deines Schweigens Mitte, / dass, wer keinen Mut mehr hat, / sich von dir die Kraft erbitte / für den Weg durch Lärm und Streit / hin zu deiner Ewigkeit.
4. Komm in unser festes Haus, / der du nackt und ungeborgen. / Mach ein leichtes Zelt daraus, / das uns deckt kaum bis zum Morgen; / denn wer sicher wohnt, vergisst, / dass er auf dem Weg noch ist.
5. Komm in unser dunkles Herz, / Herr, mit deines Lichtes Fülle; / dass nicht Neid, Angst, Not und Schmerz / deine Wahrheit uns verhülle, / die auch noch in tiefer Nacht / Menschenleben herrlich macht. (Hans von Lehndorff, 1968, Evangelisches Gesangbuch 428)
Eine gute und segensreiche Adventszeit wünscht Ihnen,
Ihre Pastorin Birgit Hasenberg