EvangelischeEv. Kirche in Ennepetal, Gevelsberg, Haßlinghausen, und Schwelm

Von Zeit und Ewigkeit

Meine erste Woche im Advent: wieder einmal kommt alles zusammen: das Auto ist kaputt – eine mittlere Katastrophe.

Marianne Funda ist Frauenreferentin in den Evangelischen Kirchenkreisen Hattingen-Witten und Schwelm

   

Dazu das übliche: Sitzungen, auch auswärts, stehen an. Das Jahresprogramm muss geschrieben werden. Weihnachtsfeiern, berufliche wie private, sind vorzubereiten. Gerade sind die Kleinigkeiten für den Adventskalender verpackt, da ist schon wieder Nikolaustag - fast hätte ich‘s vergessen. Patensohn und Nichte sollen Gestricktes zum Fest bekommen, ich muss mich ranhalten. An das Festtagsmenü denke ich noch gar nicht. Den Weihnachtsbaum besorgt zum Glück mein Mann, aber wer schmückt ihn dieses Jahr?

  

Es rattert nur so in meinem Kopf – berufliches und privates schwirren durcheinander, ständig begleitet vom Gefühl, etwas Wichtiges vergessen zu haben. Und dann: Ich bin unterwegs im Bergischen, habe gerade einen Gebrauchtwagen besichtigt, denke gleichzeitig über die Andacht in der „wap“ und die anstehenden Telefonanrufe nach. Irgendwo zwischen Hückeswagen und Radevormwald fahre ich an einem großen Fachwerkhaus vorbei, im letzten Moment lese ich den Spruch, der in großen Frakturlettern an der Hauswand steht: „Hast du Eile, nimm dir Zeit, niemand kürzt die Ewigkeit.“ Boa! Ich fühle mich erwischt. Und auch berührt. Jedes Jahr nehme ich mir vor, dass es nächstes Jahr ruhiger wird in der Adventszeit. Aber das wird in den nächsten 10 Jahren nicht klappen – das weiß ich eigentlich. Wie lebensklug kommt der Spruch daher, denn er sagt nicht, ich solle keine Eile haben. Nur soll ich mir dann Zeit nehmen – ist das unlogisch oder irgendwie ein Trick?

  

Und ich erinnere mich an einen Ausspruch von Franz von Sales, der eine ähnliche Richtung vorgibt. „Gib dir jeden Tag eine Stunde Zeit zur Stille, außer wenn du viel zu tun hast ... dann gib dir zwei.“ Ich liebe diesen Spruch, aber ihn zu beherzigen scheint mir beinahe unmöglich. Wo es dem Spruch an der Hauswand um reine Entspannung geht, meint Franz von Sales das Gebet, die stille Zeit mit Gott. Und beide sagen mir: gerade in stressgeplagten Phasen brauchst du Ruhe und Besinnung.

   

Niemand kürzt die Ewigkeit – wie wahr. Ewigkeit lässt sich nicht kürzen. Sie ist nach biblischem Verständnis nicht endlos in die Länge gezogene Zeit, sondern durch Gott definierte Zeit und Wirklichkeit, ohne Anfang und ohne Ende und für uns Menschen nicht zu verstehen. Aber doch erfahrbar – wenn Gott uns in wertvollen Momenten wie durch ein offenes Fenster in die Ewigkeit schauen lässt. Auch wenn es nur eine halbe Sekunde gedauert hat - als ich den Spruch las, war das so ein Moment.

  

Ich werde im Advent weiter in Eile sein. Aber ich möchte Gott öfter die Chance geben, mir ein Stückchen Ewigkeit zu schenken. Indem ich mich hinsetze und durchatme, vielleicht in einer Kirche, in einer ruhigen Ecke der Wohnung, beim Gang durch die Wintersonne, oder indem ich einfach nur an das denke, was ich gerade tue,  und beim Gebet … meine Zeiten in Gottes Zeit.

Eine gesegnete Adventszeit wünscht Ihnen

Marianne Funda