Als es zu einer Hungersnot kommt, gerät er, völlig mittellos geworden, in Bedrängnis. Er bettelt um einen Job als Schweinehirte, darf aber nicht einmal vom Schweinefutter mitessen. Schlechter kann es ihm nicht mehr gehen. Im Zurückkehren liegt seine einzige Chance.
Als sein Vater ihn von weitem kommen sieht, abgemagert und zerlumpt, geht ihm das Herz auf. Er läuft ihm entgegen, nimmt ihn in seine Arme und küsst ihn. „Vater, vergib mir,“ sagt der Sohn, „ich habe alles falsch gemacht und bin nicht mehr wert dein Sohn zu heißen.“ Und wie antwortet der Vater? „Der Sohn, den ich verloren hatte, ist wiedergefunden. Er war tot und ist wieder lebendig!“ Er lässt die besten Kleider für ihn holen und ein Festessen vorbereiten. Es gibt etwas zu feiern!
In der Bibel steht diese Gleichnis-Geschichte unter der Überschrift „Der verlorene Sohn“. Im Lukasevangelium Kap.15 ist sie vollständig nachzulesen.
Mir gefällt der Titel „Der barmherzige Vater“ besser. Da wird ein Bild von Gott gezeichnet, das zum Staunen ist. Wir sehen einen liebevollen Vater, der nicht verurteilt und straft, sondern bedingungslos vergibt und in einer grenzenlosen Barmherzigkeit sein Kind wieder annimmt. Vor einem solchen Gott brauchen wir keine Angst zu haben. Die Beziehung zu ihm ist befreiend und stärkend.
Wer Gottes Barmherzigkeit erfahren hat, kann auch anderen gegenüber barmherzig sein und vergeben. Da werden Menschen keine Etiketten mehr angeheftet, um sie zu verurteilen oder Leute „in Schubladen gesteckt“ und abqualifiziert. Und auch uns selbst gegenüber lernen wir barmherzig zu sein, wenn wir den hoch gesteckten Anforderungen an uns selbst wieder nicht genügen.
Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist, sagte Jesus zu seinen Freunden. Das sagt er auch zu uns.
Maria Magdalena Weber