EvangelischeEv. Kirche in Ennepetal, Gevelsberg, Haßlinghausen, und Schwelm

„Lasst die Sonne nicht über eurem Zorn untergehen.“

Liebe Leser:innen,

Sarah sitzt auf ihrem Sofa und erholt sich von der Arbeit. Sie scrollt auf ihrem Handy, nebenbei läuft das Radio. Pling. Eine Whats-App-Nachricht ist auf Sarahs Handy eingegangen.

Nele Kaiser ist Pfarrerin in der Ev. Kirchengemeinde Milspe-Rüggeberg

Eine Nachricht von einer Kollegin. Eine Nachricht mit bösen Unterstellungen. Die Worte treffen Sarah schwer. Die Unterstellungen stimmen nicht. Und das macht Sarah richtig wütend. Aufgebracht wirft sie ihr Handy auf dem Sofa von sich weg. Ihre Gedanken bleiben trotzdem bei der Nachricht. Heute Vormittag haben sie noch zusammengearbeitet, da war nichts an Feindseligkeit zu spüren und jetzt sowas. Sarah ist enttäuscht und auch ziemlich fassungslos. Ihre ersten Gedanken, nett formuliert: „So eine blöde Kuh.“ „Was will sie damit erreichen?“ „Was habe ich ihr getan, dass sie so gegen mich ist?“ „Die hat sie doch nicht mehr alle.“

    

Ob nun ein Streit ums Erbe. Konflikte mit Behörden. Umgang mit der Infektionslage. Impflicht – ja oder nein? Oder unwahre Unterstellungen. All das kann ganz schön wütend machen. Wie gehen wir mit unserem Zorn und unserer Wut um?

Unser Monatsspruch für Februar empfiehlt: „Lasst die Sonne nicht über eurem Zorn untergehen.“ (Eph 4,26) Sprich: Klär deinen Konflikt, dein Problem, deine Wut, bevor du schlafen gehst. Das ist eine alte Sitte der Pythagoreer. Sie haben sich vor Sonnenuntergang die Hände gereicht und gingen mit einem Gruß nach Haus, obwohl sie sich vorher gestritten hatten. Ihre Lebensphilosophie war es, sich um Harmonie in menschlichen Beziehungen zu bemühen. Hinter dem Bibelvers steht der Gedanke, dass eine christliche Lebensweise auf Versöhnung und Beziehung setzt. Keinen Kontakt aufzunehmen, heißt dann: Beziehungsabbruch. Versöhnung ist nicht gewollt.

   

Sarah atmet ein paar Mal tief durch, ordnet ihre Gedanken und greift zum Telefon. Sie wählt die Nummer ihrer Kollegin. Sie will die Unterstellung aus der Welt schaffen, will klarstellen, will nachfragen, will Frieden. Nicht die Tatsache, dass sie wütend ist, führt zu Schuld und Sünde. Vielmehr würde Sarah sich schuldig machen, wenn sie ihre Kollegin ignoriert. Wenn sie sich ihrer nicht annimmt. Aber Sarah ruft sie an und bittet um Klärung. Sarah fragt sie nach den Gründen der Unterstellung und dann ist da Gespräch und Kontakt und vor allem ist da die Möglichkeit, den Konflikt aus der Welt zu schaffen. Es ist kein angenehmes Gespräch, aber: Da ist die Möglichkeit, dass Zerbrochenes und Verletztes wieder heilen kann, in dem Sarah sich um ein gutes Verhältnis bemüht. Ja, sie darf ihre Kollegin auch zurechtweisen und mahnen, so etwas nie wieder zu tun. Diese Klarheit hilft gestörten Verhältnissen. Darüber hinaus braucht es aber ein Friedensangebot, eine Möglichkeit wieder Schritte aufeinander zu zugehen. Es ist möglich, aber es braucht Zeit und vor allem beidseitige Bereitschaft.