Als ich zur Schule ging, war dreimal zwei noch gleich sechs. Beim FC Bayern war in diesem Jahr dreimal zwei gleich Null. Vergessen ist der Sieg über Madrid. Vergessen sind die vielen unterhaltsamen Fußballabende der Championsleague. Vergessen ist, dass maßgeblich die Bayern den vierten Championsleague-Qualifikations-Platz für Deutschland überhaupt ermöglichten. Nur die Titel und ersten Plätze zählen. Zweite Plätze werden als Formschwäche oder Krise gewertet. Es zählt nur das nackte Resultat, egal ob schöner Fußball gespielt wurde.
Das war einmal anders. Es gab neben gefeierten Siegen auch legendäre Niederlagen mit gefeierten Verlierern. Ich denke an die 2:4-Niederlage gegen England 1966 in Wembley und an das Jahrhundertspiel gegen Italien 1970, das Deutschland 3:4 verloren hatte. Damals begeisterten einfach die Spannung und die vielen Tore. Heute zählt nur noch das Resultat und weder der Kampf noch die Ästhetik schöner Spielzüge und Tore. Fast vergessen ist, dass zuletzt noch 2006 auch ein dritter Platz gefeiert wurde, weil der Fußball attraktiv war und die Stimmung gut, und die Einstellung der Spieler als Team stimmte. Deutscher Meister 2012 wurde übrigens das Team mit den schönsten Spielzügenl, aber auch mit der höchsten Laufleistung im Spiel, und nicht das Team mit den höchsten Anforderungen an sich selbst.
Bei der Kirche zählt hoffentlich nicht das Resultat allein. Die Diakonie bemüht sich häufig um die, die nicht konkurrenzfähig und abgestiegen sind. Schülerinnen und Schüler aller Schulformen sitzen zusammen im Konfirmandenunterricht. Da wird nicht nach Leistung ausgesiebt. Die Musik im Chor ist immer ein Gemeinschaftswerk. Es stört eher, wenn einer laut tönend alle anderen dominiert, selbst wenn er gut singen kann. Moderne Gottesdienste sind auch keine One-Man-Show mit Begleitmusik mehr, sondern verschiedenste Gaben sind gefordert, um sich zu ergänzen und nicht um miteinander zu konkurrieren. Chöre und Bands singen. Damit es klingt, sind auch Computerkenntnisse und Technik gefragt. Laienschauspieler können sich verwirklichen. Kinder werden betreut. Die Räume sind kreativ gestaltet und „Handwerker“ gestalten die Kulissen. Dazu werden die Gäste nach dem Gottesdienst beköstigt. Wichtig ist, dass es Spaß macht, wenn man sich Mühe gibt, dann wird das Resultat von selbst gut.
Was heißt hier „von selbst“? Auf der Liste der vom Aussterben bedrohten Worte stehen zwei aus der Kirchensprache, die uns lehren, dass man den Erfolg nicht erzwingen kann: „Gnade“ und „Segen“. Weil das Dortmunder Umfeld dem Team die Gnade gewährte, in der Championsleague verlieren zu dürfen, spielten sie relativ locker, aber engagiert weiter, und wurden mit zwei anderen Titeln gesegnet. Es ist wie im richtigen Leben. Ohne Bemühen und Fleiß geht nichts, aber die Ernte muss einem, wie in der Landwirtschaft, von Gott dazu geschenkt werden, damit der entscheidende Elfer nicht vor lauter Verkrampftheit und lauter “Pech“ an den Pfosten geht.
Ihr Dirk Küsgen