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Versöhnung zu Weihnachten?

Weihnachten ist näher gekommen. Das ist keine Drohung, wir kommen einfach nicht mehr drum herum. Und auch die, die Anti-Weihnachtsparties feiern, werden wohl nicht ganz die tiefsitzende Erwartung los, dass zu Weihnachten etwas Besonderes geschehen sollte.

„Frieden“ ist nur eins der Stichworte. Irgendwie soll es gut sein zwischen den Menschen – und auch und besonders in der eigenen Familie.

 

Helmut Kirsch ist Pfarrer in der Evangelischen Kirchengemeinde Gevelsberg

  

Was erwarten Sie von Weihnachten? Was kommt Ihnen in den Sinn, wenn Sie sich für diese Frage Zeit zum Nachdenken und Nachfühlen gönnen? (Und das traue ich Ihnen zu, sonst würden Sie diese Rubrik in der wap auslassen.)

 

Ich will Ihnen Ihre Antwort lassen, aber eine Begebenheit erzählen.

Ein Mann und eine Frau waren schon lange verheiratet. Die Frau war die Stärkere in der Beziehung, sie hatte die Hosen an. Bis über die Goldene Hochzeit hinaus war das so; oft war sie dem Mann über den Mund gefahren. Der hatte still geduldet, was ihm an Ungerechtigkeit widerfahren war. Für ihn gab es scheinbar keine andere Möglichkeit, denn hatte er mal aufbegehrt, so war alles nur schlimmer geworden.

Mit dem Alter war der Frau Weisheit zugewachsen. Weil sie selber als Kind zu kuschen hatte, weil sie sich selber nichts zugetraut hatte im Leben, war sie wenigstens ihrem Mann gegenüber stark gewesen. Nun spürte sie, wie ihre Ehe belastet war durch die vielen Ungerechtigkeiten und Verletzungen, die sie begangen hatte. So bat sie ihren Mann: „Vergib mir!“   (Wie würden Sie reagieren?)

50 Jahre Ehe waren nicht spurlos an dem Mann vorübergegangen. Seine Antwort war eine doppelte: „Das kann ich dir nicht vergeben.“ Und: „Ich glaube dir nicht, daß du dich ändern wirst.“

Um Vergebung kann man bitten, man kann versuchen, sie einzufordern, aber sie läßt sich nicht erzwingen. Gegen das eindeutige „Nein“ des Mannes hatte die Frau keine Chance.

Die Position der Macht hatte nun der Mann. Der Preis aber war hoch: Es gab keine Nähe und immer noch kein Vertrauen und auch kein gleichberechtigtes Miteinander. Wie zuvor gab es nicht die Möglichkeit, sich in der Beziehung fallen zu lassen und Geborgenheit zu empfinden.

 

Zu Weihnachten sollte das möglich sein, so wird es auch (vielleicht unbewußt) erwartet. Friede soll sein auf der Erde; aber im Miteinander fällt das nicht vom Himmel. Gott schafft die Voraussetzung dazu, die Umsetzung läßt er uns Menschen. Dazu müssen wir nachdenken und uns entscheiden, dazu müssen wir uns selber überwinden und uns zur Liebe gegenüber dem anderen entscheiden.

 

Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selber und rechnete ihnen ihre Sünden nicht zu und hat unter uns aufgerichtet das Wort von der Versöhnung.  (2.Kor 5, 19)

 

Ein friedliches Weihnachtsfest wünsche ich Ihnen bereits jetzt, denn vielleicht haben Sie noch etwas dafür vorzubereiten.

Ihr Pastor Helmut Kirsch