EvangelischeEv. Kirche in Ennepetal, Gevelsberg, Haßlinghausen, und Schwelm

Soviel Du brauchst

Das globale Denken liegt mir nicht so. Natürlich weiß ich, dass die Klimaerwärmung und der Schutz unserer Umwelt wichtige Themen sind

Michael Lingenberg ist Gemeindepädagoge in der Evangelischen Kirchengemeinde Milspe-Rüggeberg

  

 

Auch das Leben in der Einen-Welt, soziale Gerechtigkeit und das Gefälle zwischen Arm und Reich, können uns nicht unberührt lassen. Frieden, das Miteinander von Nationen und Religionen und eine sichere Zukunft halte ich für wichtige Anliegen. Deshalb versuche ich das Meine dazu beizutragen: Wenn möglich spende ich, kaufe Erdbeeren nicht wenn sie um die halbe Welt gereist sind und verzichte, wenn es geht, auf unnötige Verpackungen. Ab und an unterzeichne ich eine Petition und trete in Streitgesprächen auch schon einmal für Toleranz ein. Und dennoch: das globale Denken liegt mir nicht so, weil ich bei all meinen Bemühungen so wenig konkrete Erfolgserlebnisse habe.

  

Am vergangenen Sonntag endete in Hamburg der 34. Deutsche Evangelische Kirchentag mit einem Abschlussgottesdienst im Stadtpark. Neben Kabarett-, Konzert- und Kulturprogrammen wurden seit dem ersten Mai die großen Themen unserer Zeit in Bibelarbeiten, Gottesdiensten und Podiumsveranstaltungen verhandelt. Das Kirchentagsmotto „Soviel Du brauchst“ bot Anlass für Gespräche und Aktionen. Das Motto geht auf die Befreiungsgeschichte des jüdischen Volkes zurück. Nach der Befreiung aus der Sklaverei beginnt die Zeit der Wüstenwanderung. Was vielversprechend begann, mündet bald schon in Resignation und Ärger. „Hat uns Gott befreit, um uns in der Wüste sterben zu lassen?“ Schließlich – so berichtet es die Bibel – lässt Gott süßen Tau vom Himmel regnen. Der erstaunte Ausruf der Israeliten wird zum Namen für das unbekannte Brot: „Manna“. Gott ruft die Menschen auf,  so viel sie für den Tag brauchen einzusammeln. Nur so viel! Nicht mehr und nicht weniger. So sind alle versorgt. Ahnen Sie die wichtige Botschaft dieser Worte auch für unsere Zeit?

  

Fasziniert haben mich jedoch nicht die großen, globalen Diskussionen. Fasziniert hat mich das Miteinander der Menschen. In Hamburg waren rund 150000 Dauerteilnehmer unterwegs, dazu eine Vielzahl von Tagesgästen und dennoch lief alles friedlich. Es gab kein Gedrängel, keine Rücksichtslosigkeit. Bereitwillig wurde Rollstuhlfahrern und Kinderwagen Platz gemacht, in der U-Bahn standen Jüngere für Ältere auf und boten ihren Platz an. Ältere fragen interessiert bei Jüngern nach. Wildfremde Menschen unterhielten sich interessiert und angeregt. Freundliche Worte, fröhliche Lieder, trotz aller Unterschiedlichkeit. Ach, wäre es doch immer so! Beeindruckt hat mich eine Gruppe junger Leute: sie legten wie selbstverständlich ihre Vorräte in die Mitte und teilten miteinander. Welch ein Bild! So lässt sich Zukunft gestalten. So haben alle genug: Essen, Geld, Wohnung, Liebe, Freundlichkeit… genug von allem. Und ich habe verstanden: Auch mein Handeln wirkt – vor der eigenen Haustür und in der (globalen) Welt.

  

Ich wünsche Ihnen eine zufriedene Woche, in der Sie haben, was Sie brauchen.

Ihr

Michael Lingenberg