So haben wir schon zuhause als Kinder geholfen, den Garten „winterfest“ zu machen. Zusammen mit „Omma“, die bei uns für die Gartenarbeit zuständig war. Und wenn dann alle Äpfel gepflückt und eingelagert, die Dahlienknollen ausgebuddelt und frostsicher im Keller verstaut waren, wenn das Laub vom Rasen auf den Beeten verteilt oder für Igel und andere Tierchen in einer Ecke aufgehäuft war – dann lud mich Omma noch für einen besinnlichen Augenblick auf die „Bank“ ein, das schlichte Holzbrett an der Mauer zum Nachbargrundstück. Und was sie dann sagte, jedes Jahr, wie mir in der Erinnerung scheint, das klingt bis heute in mir nach: „So, Junge, nun hab ich den Garten für dieses Jahr wieder fertig – ob ich da nächstes Jahr wohl noch mal rein kann?“
Das Saisonende, das wir im Herbst in der Natur beobachten können, war für meine Oma ganz selbstverständlich eine Erinnerung an die eigene Endlichkeit. Und irgendwann, zum Glück erst im hohen Alter, konnte sie dann auch wirklich im Frühjahr nicht mehr in ihren geliebten Garten. Das war wohl schmerzlich, aber nicht unerwartet. Sie hatte diesen Schritt, so scheint es mir heute, seit langem eingeübt: die Gartensaison jedes Jahr im Herbst aus der Hand gegeben und im Frühjahr gewissermaßen neu empfangen.
Diese Lebenshaltung ist an Novembersonntagen in den Gottesdiensten der christlichen Kirchen bis heute zu spüren. Die Texte und Themen am Ende des Kirchenjahres - im Advent beginnt ja ein neues - ermutigen zum bewussten Leben, gerade indem sie uns unsere Endlichkeit in Erinnerung rufen. Die biblische Aufforderung, aus dieser Erinnerung „klug zu werden“, d.h. leben zu lernen, gehört nämlich nicht nur auf den Friedhof. Sie gehört überall dorthin, wo es jenseits aller Oberflächlichkeit um das Leben geht: um Lebensfreude, Lebenskunst und Lebensweisheit.
Ich wünsche Ihnen ein erfülltes Novemberwochenende und einen gesegneten Sonntag,
Ihr Jürgen Schröder