EvangelischeEv. Kirche in Ennepetal, Gevelsberg, Haßlinghausen, und Schwelm

Wasser

O.K. – wir haben zuviel davon. Es kommt reichlich vom Himmel in diesem Sommer.

Anne Braun-Schmitt ist Pfarrerin im Evangelischen Kirchenkreis Schwelm

   

Nein, ich gucke auch nicht gerne morgens aus dem Fenster – alles grau, und man muss beim Frühstück das Licht anmachen wie im November. Ja, unser Rasen muss nicht gesprengt werden. Schon wieder: Regen. Soll ich das gut finden? Wasser, überreichlich – es reicht! Hier bei uns reicht es. Woanders nicht. Fast jeden Abend ist es in den Nachrichten zu sehen: In Ost-Afrika verhungern Tausende von Menschen; hauptsächlich, weil seit Jahren nicht genug Regen gefallen ist.

Wir Menschen hängen immens vom Wasser ab - da geht es uns nicht anders als Tieren und Pflanzen. Ohne zu essen, könnten wir drei Wochen überleben, ohne zu trinken etwa drei Tage. Kein Wunder, dass sich uralte Weisheiten darauf beziehen – oder, dass wir unseren Gemütszustand mit Bildern von Wasser oder Trockenheit beschreiben. Zeiten langer Anstrengung oder Entbehrungen, wenn etwas nicht weitergeht im Leben, nennen wir Wüstenzeiten. Keine ehrlichen Kontakte, keine offenen Ohren, keine Liebe: Dürre im Leben. Die Seele verhungert.

Aber auch in solchen Wüstenzeiten wächst etwas: die Sehnsucht. Die Sehnsucht danach, dass es wieder anders wird, dass das Leben neu beginnt. Wir beginnen zu suchen. In der gefühlten Wasserwüste dieses Sommers ist jede halbe Stunde Sonne und Wärme etwas ganz besonderes. Wir suchen nach etwas, das uns wärmt und wieder aufblühen läßt.

Gut, wenn wir in Wüstenzeiten nicht allein bleiben. Trockenes Land kann sich nicht selber begießen. An meinen eigenen Haaren kann ich mich nicht aus dem Sumpf ziehen, in dem ich zu ertrinken drohe.

Und es gibt sie: Begegnungen mit Menschen, die sind wie Wasser auf dürrem Land oder wie ein Rettungsboot: ein Gespräch, ein Satz, eine Frage, die was Wichtige benennt und mich weiterführt.

Wenn es mehr sein soll, als ein bißchen Angewärmtwerden, wenn wir spüren, dass die Wüste tief in uns steckt oder wir zu ertrinken drohen im Kreisen um uns selbst, dann gibt es eine Einladung:

„Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken“ – sagt Jesus. Beschäftige dich mit meinen Worten, und du bekommst neue Lebenskraft, neue Energie. Tu dich mit mir zusammen, und die Dürre in deiner Seele wird ein Ende haben. Die Hoffnung wird wachsen, und du wirst weitergehen können.

Dies wird ein schönes Wochenende. Jede halbe Stunde Sonne wird uns wichtig und besonders erscheinen. Und eine Begegnung, ein Mensch, ein Satz, den Sie hören, wird Sie auf neue Gedanken bringen ... wetten wir?

 

Ihre

Anne Braun-Schmitt