Jede Normalbegabte kann nachvollziehen, warum ich so denke, liebe Leserin. Haben Sie schon einmal versucht, ihren Lieblingsmenschen zu beweisen? Wenn der dabei ist, wird er sie für bekloppt erklären und sich scheiden lassen. Ein Wesen, zu dem ich in Beziehung stehe, muss ich nicht beweisen. Es ist nicht nur abstrakt "da", sondern er/sie/es ist konkret "für mich" da. Pflegen Sie lieber ihre konkrete Beziehung zu Gott, statt abstrakt über seine Existenz zu philosophieren. Miteinander reden ist das oberste Gebot einer Beziehung. Beten Sie also was das Zeug hält. Wenn sie in Beziehung stehen, kann Ihnen kein Besserwisser mehr den Glauben nehmen.
Dennoch gab es einen wahren Kern in der Fragestellung der Theologen. Ihre Absicht war, Menschen, die Gott nicht sahen, durch Beweise zum Glauben zu helfen. Gerade in unserer modernen Zeit bleibt das für viele Menschen aktuell: Wie können sie beten, wenn sie nicht wissen, ob es Gott gibt? Wie reden sie zu jemandem, den sie noch nicht oder nur kaum kennen?
Mein Tipp: Gönnen Sie sich erst einmal fünf ruhige Minuten am Abend. Meditieren sie den Tag. Fragen Sie ruhig so, als ob es Gott nicht gäbe: Wofür kann ich dankbar sein? Was beschäftigt mich und lässt mich nicht los? Was habe ich erledigt? Welche Aufgaben sind liegen geblieben? Was macht mir Sorgen? Was macht mich froh? Fangen Sie ruhig so an, als ob es Gott nicht gäbe. Ich bin sehr zuversichtlich, dass Sie nach einiger Zeit den suchen und finden, der Sie hört und sieht und ganz automatisch anfangen zu beten.
Dirk Küsgen, Krankenhauspfarrer in Schwelm