EvangelischeEv. Kirche in Ennepetal, Gevelsberg, Haßlinghausen, und Schwelm

Wie ein Adler schweben

Liebe Leser, liebe Leserinnen,

vor ein paar Jahren verbrachte ich mit meinem Mann über Allerheiligen ein paar Tage Urlaub an der Ostsee.

Barbara Palm-Scheidgen ist Krankenhausseelsorgerin am Helios Klinikum Schwelm

          

Wider Erwarten war das Wetter nicht novembertrüb und nebelverhangen, sondern überraschend klar und sonnig. Ein großer Seeadler schwebte an unserem ersten Ferientag am tiefblauen, wolkenlosen Himmel. Mit weit ausgebreiteten Flügeln glitt er majestätisch durch die Lüfte.

 

Warum hat mich dieses doch eher kurze Erlebnis so beeindruckt? Faszinierte mich das kraftvolle und gleichzeitig mühelos wirkende Dahingleiten des Vogels vor dem Sonnenhimmel? Wünschte ich mir für die beginnenden freien Tage ebensolche Leichtigkeit und Freiheit? Wollte ich mich aufschwingen zu neuen Ideen, weg von mancher zu Boden drückenden Alltagslast? Wie der Adler mich von einer unsichtbaren Kraft getragen fühlen? -  Sicher war von allem etwas dabei!

 

Solche Fragen haben sich die Menschen früher auch schon beim Anblick dieser imposanten Tiere gestellt. Bereits im Ersten Testament der Bibel gibt es mehrere Stellen, in denen der Adler vorkommt. Ich mag besonders diesen Vers aus dem Buch Jesaja (40,31), wo es heißt: „Die auf Gott vertrauen, werden neue Kraft bekommen. Sie werden auffliegen mit Flügeln wie Adler, werden laufen und nicht müde werden.“  Damit ist sicher nicht die Wiederherstellung grenzenloser körperlicher Schnelligkeit und Fitness gemeint. Eher geht es um das Gewinnen einer neuen Perspektive und Weite, die beflügelt und darum, über sich selbst hinaus zu wachsen und den Flug des Glaubens zu wagen.

 

Gerade in Zeiten, wo es uns nicht so gut geht, z.B. wenn die Kräfte im Alter schwinden, wenn wir krank sind oder um einen lieben Menschen trauern, brauchen wir tröstliche Bilder, die Mut machen. Sollten wir uns davon nicht einen Vorrat anlegen, so wie es in einem alten Bilderbuch, das ich früher gerne meinen Kindern vorgelesen habe, die Feldmaus Frederic macht? Frederic lebt auf einem Bauernhof und sammelt im Frühjahr und Sommer Sonnenstrahlen, Farben und Wörter. Als der dunkle und kalte Winter kommt, teilt er mit seiner Familie die gesammelten Sonnenstrahlen, um sie zu wärmen, die Farben, um den Winter weniger grau und trist sein zu lassen, und die Worte in Form eines Gedichtes.

 

Ich versuche schon seit einiger Zeit, mich froh machende, leuchtende und stärkende Bilder innerlich abzuspeichern in der Hoffnung, darauf zurückgreifen zu können in kargen Lebenszeiten. Das Ihnen geschilderte Sinnbild des Adlers, der dem Himmel und nicht der Erde gehört, zählt fest dazu.  

 

Mit dieser Zeile eines Liedes aus dem evangelischen Gesangbuch (EG 165,7)

Lass mein Herz / überwärts / wie ein Adler schweben / und in dir nur leben

grüße ich Sie herzlich

 

Ihre                                                                                        

Barbara Palm-Scheidgen

 

Unsere Webandachten erscheinen auch als Sonntagsgedanken in der WAP. Bisher haben nur Evangelische Autorinnen und Autoren ihre Sonntagsgedanken veröffentlicht. Seit kurzem beteiligen sich auch katholische Schwestern und Brüder. Im Zeichen der Ökumene veröffentlichen wir hier gerne den Beitrag von Barbara Palm-Scheidgen, der am letzten Samstag in der WAP erschienen ist.