EvangelischeEv. Kirche in Ennepetal, Gevelsberg, Haßlinghausen, und Schwelm

Jubelt

Liebe Leserinnen und Leser!

 

"Jubilate" hieß der gestrige Sonntag im Kirchenjahr. "Jubilate" - das ist ein lateinisches Wort, das es im Deutschen - etwas verändert - ebenfalls gibt: "Jubelt". Der Name ist vom ersten Vers des 66. Psalms abgeleitet, wo es heißt: "Jubelt Gott zu, alle Völker der Erde!" (nach der Übersetzung der "Guten Nachricht")

 

Thomas Bracht ist Pfarrer in der Evangelischen Kirchengemeinde Haßlinghausen-Herzkamp-Silschede

  

 

Viele werden nun sagen: Nach Jubeln ist mir aber gar nicht zumute. So viel Schlimmes ist schon passiert in diesem Jahr. Die Terroranschläge in Brüssel, Istanbul, Ankara, in Pakistan, Somalia, an der Elfenbeinküste und anderen Orten versetzen die Welt in Angst und Schrecken. Das Elend der Flüchtlinge in Idomeni oder auf Lesbos geht uns zu Herzen. Das vermeintlich vereinte Europa redet von seinen Werten, handelt aber nicht danach. Engherzige und nationalistische Töne sind längst schon wieder hoffähig. Wir machen uns Sorgen um den Frieden in der Welt und die Zukunft unserer Kinder.

  

Die Aufforderung, Gott zuzujubeln, klingt vor diesem Hintergrund geradezu provokant. Fragen wir nicht viel eher: "Wie kann Gott das zulassen?" Wie kann er zulassen, dass Menschen - seine Geschöpfe immerhin! - einander das Recht auf Leben und Würde absprechen? Wie kann er zulassen, dass durch die oft unersättliche Gier nach Macht und Geld das Recht der Armen mit Füßen getreten wird?

   

Andererseits: Machen wir es uns mit dieser Frage manchmal nicht etwas zu einfach? Schieben wir Gott dann nicht Dinge in die Schuhe, an denen er nicht schuld ist? Im alten Israel, wo der 66. Psalm entstanden ist, wusste man sehr genau zwischen den Taten Gottes und denen der Menschen zu unterscheiden. Und so pries man Gott, der in der Schöpfung alles weise geordnet hatte. Man dankte ihm, dass er sein Volk - auch und gerade in Gefahr und Bedrängnis - immer wieder bewahrt hatte.

Ja, es gibt auch Klagepsalmen in der Bibel! In ihnen bringen Menschen ihre Angst und Verzweiflung vor Gott. Doch auch in diesen Gebeten drückt sich doch letztlich der Glaube aus, dass Gott alles zum Guten wenden kann und auf die Klage der Dank folgen wird.

   

"Jubilate - Jubelt!" Das Motto dieses Sonntags fordert uns keineswegs auf, vor dem Leid dieser Welt die Augen zu verschließen. Ich verstehe es vielmehr als einen Protest gegen das Leid. Die Aufforderung "Jubelt!" will uns die Augen öffnen für die Dinge, für die wir dankbar sein können. Von der Güte Gottes haben wir genug abbekommen, um sie mit anderen teilen zu können.

   

Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Woche.

  

Ihr Thomas Bracht