Zur Erinnerung: Der Film spielt in den letzten Tagen der DDR. Christiane Kerner, eine stramme Sozialistin, erleidet zwei Tage vor dem 9. Oktober 1989 einen Herzinfarkt und verschläft die Wende im Koma. Erst zwei Jahre später wird sie wieder wach – in einer völlig anderen Welt. Vom Mauerfall und von der Wiedervereinigung hat sie nichts mitbekommen.
Warum erzähle ich das? Als ich an den Film dachte, habe ich mir vorgestellt, wenn jemand – aus welchen Gründen auch immer – den letzten Monat verschlafen hätte, er würde unsere Welt auch nicht mehr wiedererkennen. Vor vier Wochen gab es noch kein Kontaktverbot, da haben sich die Menschen in Restaurants und Bars verabredet, die Friseure und Buchläden hatten geöffnet, in unserem Gemeindehaus trafen sich Gruppen. Sicher, das Leben war schon eingeschränkt, aber beileibe nicht so wie heute. Noch am 2. März wurde die Corona-Gefahr vom Robert Koch-Institut als „mäßig“ beurteilt. Das ist gerade mal einen Monat her. Wahnsinn, was seitdem alles passiert ist.
Manchmal fällt es mir schwer, das zu begreifen. Dann kommt mir die Realität wie ein schlechter Traum vor. Wie schwer muss es da erst für jemanden sein, der die Entwicklung verschlafen hat. Das Aufwachen wäre ein Schock.
Genau dieser Gedanke spielt im Film „Good Bye, Lenin!“ eine wichtige Rolle. Denn die Ärzte warnen davor, Christiane Kerner nach ihrem Koma in Aufregung zu versetzen. Das könne tödlich sein. Und so gaukelt die Familie der bettlägerigen Kranken vor, alles sei wie früher. Sogar das Fernsehprogramm wird manipuliert, damit bloß nicht offensichtlich wird, dass es die DDR längst nicht mehr gibt.
Klar, auch ich wünsche mir in diesen Tagen, es wäre wie früher. Wir könnten endlich wieder raus, uns treffen, miteinander feiern, Fußballspiele sehen. Aber was schon im Film nur schwer funktioniert, in Wirklichkeit ist es unmöglich. Wir können die Zeit nicht zurückdrehen. Corona hat unsere Welt für immer verändert.
„Alles hat seine Zeit“, heißt es in der Bibel. Zum Leben gehört die Wandlung. Und so tun wir gut daran, nach vorne zu schauen. Im Vertrauen darauf, dass – wie immer auch die Zukunft sein mag – Gott uns auf unserem Weg begleitet. Oder wie es in einem Lied von Klaus Peter Hertzsch heißt, das bezeichnenderweise 1989 entstanden ist:
„Vertraut den neuen Wegen
auf die uns Gott gesandt!
Er selbst kommt uns entgegen.
Die Zukunft ist sein Land.
Wer aufbricht, der kann hoffen
in Zeit und Ewigkeit.
Die Tore stehen offen.
Das Land ist hell und weit.“
Ihr Uwe Rahn