EvangelischeEv. Kirche in Ennepetal, Gevelsberg, Haßlinghausen, und Schwelm

"Weil Sie da waren."

Liebe Leserinnen und Leser!

Der Evangelische Kirchenkreis Schwelm verfügt über ein Team von ehrenamtlichen Notfallseelsorgerinnen und -seelsorgern, die rund um die Uhr eine Rufbereitschaft gewährleisten. Manchmal kommen dann Anrufe wie dieser: "Hier ist die Polizei in ... . Wir brauchen Sie für die Überbringung einer Todesnachricht."

 

Thomas Bracht ist Pfarrer in der Ev. Kirchengemeinde Haßlinghausen-Herzkamp-Silschede und Synodalbeauftragter für Notfallseelsorge im Ev. Kirchenkreis Schwelm

Die Überbringung von Todesnachrichten, etwa nach tödlichen Unfällen, gehört zu den Aufgaben der Polizei. Polizistinnen und Polizisten sind für solche Situationen geschult und machen das sehr einfühlsam. Aber sie müssen sich danach auch wieder ihren anderen Pflichten zuwenden. Viel Zeit, um Trost zu spenden, bleibt nicht. Die Unterstützung der Notfallseelsorge wird daher gern und dankbar in Anspruch genommen. Notfallseelsorgerinnen und -seelsorger bringen vor allem eines in ihre Einsätze mit: Zeit.

  

Manchmal werden wir gefragt: "Was sagen Sie den Leuten eigentlich, die von einem schweren Schicksalsschlag getroffen worden sind?" Nun ja, das hängt sehr von der konkreten Situation ab. Auch Notfallseelsorgerinnen und -seelsorger verfügen nicht über die Antwort auf alle Fragen. Die Frage nach dem "Warum", die über allem Leid schwebt, kann niemand von uns letztgültig beantworten. Manch schreckliches Geschehen macht auch uns buchstäblich sprachlos. Aber: Notfallseelsorge ist ja auch keine Predigt. Es hilft schon, wenn wir mit Trauernden ins Gespräch kommen - oder einfach nur gemeinsam schweigen, vielleicht eine Kerze anzünden oder einen Psalm beten.

  

Die Überbringung einer Todesnachricht zählt man umgangssprachlich zu den "Hiobsbotschaften". Diese Bezeichnung geht zurück auf Hiob, über den das gleichnamige Buch im Alten Testament berichtet. Hiob hatte erst seinen gesamten Besitz verloren, dann kamen alle seine Kinder gewaltsam ums Leben; er selbst wurde schließlich von einer schweren Krankheit heimgesucht. Drei Freunde kamen, um ihn zu trösten; in der Bibel heißt es dazu: "Sie saßen mit ihm auf der Erde sieben Tage und sieben Nächte und redeten nichts mit ihm; denn sie sahen, dass der Schmerz sehr groß war" (Hiob 2,13). Sieben Tage und sieben Nächte! Nein, natürlich können wir uns in der Notfallseelsorge nicht so viel Zeit nehmen. Unsere Einsätze dauern in der Regel wenige Stunden; manchmal kommt es noch zu einem Nachgespräch. Aber im Prinzip machen wir nichts anderes, als die Freunde Hiobs: Wir lassen Menschen in ihrer Not nicht allein. Und darauf kommt es letztlich an: Mit leidgeprüften Menschen dieses Leid aushalten - redend, schweigend oder auch mit kleinen Gesten der Hilfe.

  

Unsere Einsätze enden oft dann, wenn - wie bei Hiob - andere Menschen (weitere Angehörige, Nachbarn, Freunde oder Bekannte) vorbeikommen, um beizustehen und Hilfe anzubieten; jeder Mensch hat das Potenzial, durch seine einfache Anwesenheit andere zu trösten. Die Notfallseelsorge wird dann nicht mehr gebraucht.  Ganz oft kommt es vor, dass sich die, die wir begleitet haben, beim Abschied bedanken, auch wenn wir, oberflächlich betrachtet, gar nicht viel gemacht haben. Fragt nach dem Grund für den Dank, lautet die Antwort: "Weil Sie da waren."