Übrigens bleibt Schubladendenken Schubladendenken: Was zur Rechten generelle Migrantenfeindlichkeit ist, ist zur Linken die generelle Reichenschelte. Ich bin allergisch gegen Verallgemeinerungen von schlechten Beispielen. Nicht jeder Unternehmer kürzt, wenn er an der Regierung ist, als Erstes die Hilfen für Hungernde und fliegt, weil er zu viel Geld hat, zum Mond. Es gibt auch viele, die großzügig spenden, Stiftungen gründen, ein Herz für ihre Angestellten haben und die Wirtschaft am Laufen halten.
Das Beispiel Jesu zeigt auch, dass er sich nicht nur in seinem Milieu der Fischer, kleinen Handwerker und Bauern bewegte, sondern ebenso Kontakt hatte mit dem römischen Hauptmann seiner Stadt, der oben in der Hierarchie stand, und den Dirnen ganz weit unten. Sein Herz ließ sich zudem von einer syrischen Frau erweichen, die für ihre kranke Tochter um Heilung bettelte, obwohl Jesus sie zunächst mit dem „My people first (= Mein Volk zuerst)“- Argument abwimmeln wollte (Markus 7,24-30 !). Ihr gelang, was gebildete Schriftgelehrte und fromme Pharisäer nicht vermochten, nämlich Jesus zu einem Sinneswandel zu bewegen. Jesus sah auf einmal die einzelne Frau und ihre Tochter, statt sie in eine der Schubladen des „wir hier“ und des „die da“ zu stecken. Wer in Schubladen denkt und mit ihnen vor Augen die Welt betrachtet , merkt nämlich das Brett nicht, das er durch das Holz der Schublade unweigerlich vor dem Kopf hat.
Am Wahltag politisch zu schreiben ohne einseitig zu werden, scheint möglich.
Im Sinne der Jahreslosung: „Prüfet alles und behaltet das Gute.“
Dirk Küsgen