EvangelischeEv. Kirche in Ennepetal, Gevelsberg, Haßlinghausen, und Schwelm

Zu spät?

Liebe Leserinnen und Leser,

vor Jahren habe ich aus dem Bekanntenkreis meiner Frau die Geschichte vom Miteinander zweier Schwestern gehört: Zwischen den beiden gab es keinen Frieden.

Helmut Kirsch ist Pfarrer in der Evangelischen Kirchengemeinde Gevelsberg

 

 

Ein Leben lang, man könnte fast sagen „von Geburt an“, gab es nur Streit und Missgunst. Dann waren die Schwestern alt geworden und es traf sich, dass beide zur selben Zeit ins Krankenhaus mussten. Einer Krankenschwester fiel auf, dass man zwei Schwestern im selben Haus hatte (beide waren unverheiratet geblieben): Das wäre doch gut, wenn die beiden alten Damen auf einem Zimmer liegen könnten. Gedacht, getan. Es dauerte keine 24 Stunden, bis man die beiden voneinander trennte und eine wieder auf ein anderes Zimmer legte.

  

Ähnliche Geschichten gibt es auch von Ehepaaren. Da ist dann so ein Pärchen alt geworden miteinander, aber beide empfinden es als eine Gnade, wenn man sie nicht auf einem gemeinsamen Zimmer unterbringt. Noch lieber hätten sie es, wenn man sie in zwei verschiedenen Heimen unterbrächte.

Traurige Geschichten? Etwas zum Kopfschütteln – wie kann man nur?

   

Wir sind am Ende des Kirchenjahres angelangt. Am Ewigkeitssonntag (auch Totensonntag) denkt man zurück an die Verstorbenen und zugleich an die Auferstehung.

Ist ein Mensch gestorben, kann man sich mit ihm nicht mehr freuen, aber auch nicht mehr streiten. Manchmal also kann der Tod eines Menschen wie eine Befreiung wirken, auch wenn es im Normalfall ein Grund zur Trauer ist.

So oder so: Man mit ihm nichts mehr in Ordnung bringen. Kein Missverständnis lässt sich klären, kein Streit beilegen. Der Tod nimmt jede Möglichkeit, noch etwas zum Guten zu wenden.

Ich weiß: Ein langanhaltender Streit lässt die Fronten verhärten, lässt Herzen hart werden. Wir Menschen haben es manchmal schwer mit uns selber und mit unserem Nächsten. Und doch stelle ich die Frage: Gibt es eine schwierig gewordene Beziehung, die Sie gern verbessern würden - bevor der Tod das letzte Wort spricht? Nutzen Sie die Möglichkeit, wenn Sie eine sehen!

   

Falls Sie jetzt an einen Menschen denken, der gestorben ist, ohne dass Sie den Streit (verbunden mit allen möglichen negativen Gefühlen) beilegen konnten, dann können Sie sich jetzt für den Frieden entscheiden. Aus einem einfachen Grund: Damit Sie selber ihren Frieden bekommen, damit Sie nicht Verletzungen weiter mit sich herumtragen müssen, damit Sie nicht Ihre Kraft mit Ärger und Hass vergeuden.

Wer nachtragend ist, der muss wirklich tragen; das kostet Kraft. Geben Sie Frieden, geben Sie sich selber Frieden! Die Sorge um Gerechtigkeit können Sie, was die Verstorbenen angeht, Gott überlassen!

       

Ihr Pfarrer Helmut Kirsch