Als ich von der Forschungsarbeit las, habe ich mich gefragt, was mit dem ausgebremsten Optimismus ist. Es gibt immer wieder Zeiten im Leben, die einem die Zuversicht gründlich austreiben können. Dazu gehören die derzeitigen Einschränkungen wegen der Corona-Pandemie.
Eine biblische Geschichte erzählt, wie das Gefühl von Gottes Anwesenheit hilft, den Optimismus nicht zu verlieren. Sie berichtet vom Volk Israel, das kurz zuvor aus Ägypten geflohen und nun unterwegs in das gelobte Land ist, wo Milch und Honig fließen soll.
Dieses Ziel liegt zum Zeitpunkt der erzählten Geschichte noch in weiter Ferne. Es gibt nicht einmal eine Landkarte, in die es eingezeichnet wäre. Irgendwo soll es liegen, von Gott versprochen, doch zu sehen ist davon nichts. Dabei wäre es ungemein hilfreich für das Durchhalten, wenn die Israeliten den genauen Zeitpunkt des Erreichens des Ziels kennen würden.
Aber so ist es nicht. Sie wandern zwar mit der Perspektive auf ein wunderbares Ziel durch die Wüste, aber ohne die Sicherheit, wann sie es erreichen. Im Gepäck die Angst: „Schaffen wir das?“ Und als wäre das nicht schon beschwerlich genug, müssen sie einen Umweg gehen. Statt des kürzesten Wegs durch diese unwirtliche Gegend, müssen sie einen viel weiteren Weg bewältigen. Die Geschichte zeigt, dass der Weg ins gelobte Land nicht bequem zu begehen ist. Es gibt auch keine Abkürzungen. Der Weg bis zum Ziel hat es in sich.
Die Geschichte zeigt aber auch, dass die Wüste keineswegs ein Ort der Gottesferne ist. Im Gegenteil: Gott begleitet das Volk durch die Wüste. Am Tage zieht er in der Form einer Wolkensäule vor den Wanderern her und in der Nacht als Feuersäule: zu jeder Zeit und für alle sichtbar und erkennbar. Und den Umweg fädelt er selbst ein, weil er sieht, dass die Israeliten sonst in ihr Unglück laufen würden. Er hält seine bewahrende Hand über diese Menschen, die einen sehr beschwerlichen Weg gehen müssen. Am Ende erreichen sie ihr Ziel – nach 40 Jahren.
Diese Geschichte kann uns in unserer jetzigen Situation ein Beispiel sein. Auch für uns fühlt es sich zurzeit so an, als gingen wir durch die Wüste. Auch wir haben eine Perspektive: dass die Wissenschaft einen Impfstoff entwickelt, der uns zu einem Leben verhelfen kann, wie wir es gewohnt sind. Auch wir wissen nicht genau, wann das sein wird – vielleicht erst in zwölf oder gar in achtzehn Monaten. Die Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim hat am Sonntag im Presseclub gesagt, dass wir diese Zeit aber nicht in Gänze in der Wüste bleiben müssen. In dem Moment, in dem man mit Sicherheit Infizierte und Erkrankte identifizieren und isolieren kann – wenn also das sogenannte Containment möglich ist – dann wird die Umgebung, in der wir auf das eigentliche Ziel zugehen, auch wieder freundlicher. Es mag sich wie ein Umweg anfühlen, der den beschwerlichen Weg verlängert, aber er ist lebensrettend.
Die Geschichte von der Wolken- und Feuersäule sagt uns: auch wenn das Ziel noch nicht sichtbar vor Augen liegt, bleibt optimistisch – ihr werdet ankommen. In der Zwischenzeit hält Gott weiter seine bewahrende Hand auch über den beschwerlichsten Weg. Und 40 Jahre wird es schon nicht dauern…
Bleiben Sie behütet,
Ihre Anke Lublewski-Zienau