Es soll ja Menschen geben, die daraus etwas ableiten können. Man kann eben nicht beides sein. Entweder man ist Indianer oder Cowboy, Fan der Rolling Stones oder der Beatles, BVB oder Schalke, Klassik oder Pop, rechts oder links, Corona-ängstlich oder Verschwörungstheoretiker… Ziemlicher Quatsch? Da gebe ich Ihnen recht. Und doch ertappe ich mich selbst oft dabei, Menschen in Schubladen einzuordnen. Das macht das Leben einfacher. Zumindest auf den ersten Blick. Dabei gibt es mehr Farben als Schwarz und Weiß. Aber um die Zwischentöne kennenzulernen, muss ich genauer hinschauen und -hören. Das wird mir besonders deutlich, wenn ich die Wahlplakate sehe, die in diesen Wochen gefühlt an jeder dritten Laterne hängen. Viele Botschaften kann ich nachvollziehen. Und doch sind es sehr unterschiedliche Parteien, die da für sich werben. Wer wissen will, welches Programm hinter einer Botschaft steht, muss sich etwas mehr Zeit nehmen. Aber oft lohnt sich das. Bei Parteien und bei Menschen. Erst in der wirklichen Begegnung wird manches Vorurteil abgebaut. Dann ist die Welt vielleicht nicht mehr so einfach, aber deutlich interessanter. Seit zwei Jahren gibt es die Initiative „Deutschland spricht“. Tausende sehr unterschiedliche Menschen haben sich daran beteiligt. Der einfache und doch so schwere Auftrag: Miteinander sprechen, für ein paar Stunden die Klischees hinter sich zu lassen. Eine Aktion, die auch der Kirche gut zu Gesicht steht, denn auch in unseren Gemeinden gibt es sehr unterschiedliche Richtungen und Ansichten. Oder sind sie gar nicht so unterschiedlich, wenn man miteinander redet? Großveranstaltungen sind in der Corona-Zeit schwierig, aber ein Zwiegespräch bei einer Tasse Kaffee oder Tee geht bestimmt. Vielleicht sprechen Sie mal mit jemanden, von dem Sie denken, dass er ganz anders ist. Wer weiß, ob das überhaupt stimmt…
Ihr Uwe Rahn