EvangelischeEv. Kirche in Ennepetal, Gevelsberg, Haßlinghausen, und Schwelm

Vertrauen und Sicherheit

Die Sicherheitsnadel in der jetzigen Form wurde 1849 erfunden. Sicherheit deshalb, weil – im Gegensatz zur normalen Nadel – ihr spitzes Ende nicht mehr herausragte und beim ungeschickten Benutzenden für Verletzungen sorgte, sondern in einem abgerundeten Verschluss verborgen war. So konnte sie weder von selbst aufgehen, noch wurde ihre Spitze gefährlich.

Pfarrerin Anke Lublewski-Zienau ist Krankenhausseelsorgerin in der Klinik Königsfeld in Ennepetal

Die Sicherheitsnadel kann man auch als Symbol sehen. Ein Symbol für all das, was mir in einer ungewissen Situation Halt und Sicherheit gibt: ein Mensch, der zu mir steht, ein Ort, an dem ich mich geborgen fühle oder ein Gegenstand, der eine besondere Bedeutung für mich hat und mich begleitet. Bei „meinen“ Patientinnen und Patienten sind es oft Dinge, die ihre Angehörigen ihnen mit in die Klinik gegeben haben, die sie mit dem Zuhause und den geliebten Menschen verbinden.

Im Moment könnten wir alle - bildlich gesehen - solch eine Sicherheitsnadel gebrauchen. Die Situation durch die Corona-Pandemie macht unsicher. Das Leben ist bei vielen durcheinander gerüttelt. Die meisten haben das Gefühl, dass der sichere Boden unter den Füßen weggezogen wurde. Wie geht es weiter?

Ich möchte mir Abraham zum Beispiel nehmen. Abraham, der sich auf Gottes Ruf hin auf den Weg ins völlig Ungewisse gemacht hat. Gott mutet ihm, der schon 75 Jahre alt ist, das Abenteuer einer totalen Veränderung zu. Abraham weiß nicht, wohin es gehen soll, wie lange die Reise dauert, er weiß nur: Gott wird mir den Weg zeigen.

Ich empfinde großen Respekt vor Abraham, denn mir hätte dieser Weg ins Ungewisse Angst gemacht, da ich ein Mensch bin, der die gewohnte Sicherheit braucht, der sich ungern auf neuen, unbekannten Pfaden bewegt. Schon gar nicht, wenn ich nicht weiß, wohin es gehen soll. Jeder Neuanfang und jeder Aufbruch ist für mich verbunden mit Trauer um das, was ich loslassen muss, und mit Angst vor dem, was mich erwartet.

Oft werden wir nicht danach gefragt, ob wir die Veränderung wollen. So wie gerade in der aktuellen Krise. Wir sind gezwungen sie anzunehmen. Es kann Angst auslösen, wenn wir in einer Lage sind, die wir nicht kennen. Eine unbekannte Situation macht unsicher, weil wir noch kein Werkzeug haben, damit umzugehen.

Solch ein Werkzeug hatte Abraham auch nicht. Doch eins hatte er: Vertrauen. Er vertraute auf Gott, dass er ihm nicht von der Seite weicht, dass er ihn nicht ins Bodenlose stürzen lässt, wenn er den sicheren Boden verlässt.

Liebe Leserinnen und Leser, mir bedeutet Abrahams Vertrauensbeispiel viel: Auch wenn wir uns auf unsicherem Terrain bewegen: Gott ist ganz gewiss bei uns. Darauf dürfen wir vertrauen. Immer.

Um noch einmal auf die Sicherheitsnadel zurückzukommen: In London gab es kurz nach der Bekanntgabe des Brexits vermehrt Übergriffe auf Minderheiten. Eine Amerikanerin, die zu dem Zeitpunkt in London lebte, kam auf die Idee, eine Sicherheitsnadel am Revers zu tragen um ihrem Gegenüber Sicherheit zu geben. Diese Sicherheitsnadel sollte vermitteln „Egal, wer du bist, egal, woran du glaubst: bei mir kannst du sicher sein“. Daraus entstand eine Bewegung.

Gott trägt eine solche Sicherheitsnadel für uns. Er sagt zu uns: „Du brauchst dich nicht zu fürchten, ich bin für dich da.“ Ich möchte uns Mut machen, Gott zu vertrauen, dass er bei uns ist. Gerade, wenn Schatten auf unser Leben fallen.

Bleiben Sie behütet
Ihre Anke Lublewski-Zienau