EvangelischeEv. Kirche in Ennepetal, Gevelsberg, Haßlinghausen, und Schwelm

Leben will leben

Liebe Leserin, lieber Leser,

gestern war Ewigkeitssonntag. Wir sagen auch Totensonntag. Es ist ein Tag, an dem wir ganz besonders an Menschen denken, mit denen wir ein Stück Leben geteilt haben und die nun nicht mehr da sind.

 

Anke Lublewski-Zienau ist Pfarrerin in der Klinik Königsfeld

  

Leben will leben, heißt es. Und so ist es ein Wunschtraum seit Menschengedenken, dem Tod ein Schnippchen zu schlagen, und sei es nur um einen kleinen Aufschub. In dem Theaterstück "Der Tod im Birnbaum" gelingt das. Eines Tages kommt ein seltsamer Mann, um beim Schmied seinen Esel beschlagen zu lassen. Zum Dank für seine Arbeit erhält der Schmied kein Geld, sondern drei Wünsche. Etwas ungläubig sagt der Schmied, dass er erstens reich werden möchte, ihm zweitens zum Schutz des Reichtums niemand in sein Haus kommen soll und drittens niemand mehr vom Birnbaum herunterkommen soll, ohne die Erlaubnis des Schmieds, weil ihm ständig die Birnen gestohlen wurden. Prompt gehen die Wünsche in Erfüllung. Für den Schmied brechen nun sprichwörtlich goldene Zeiten an. Und als sich sein sehnlichster Wunsch nach einem Stammhalter auch noch erfüllt, scheint sein Glück vollkommen. Da aber tritt der Tod in Erscheinung, der seinem Glück ein jähes Ende setzen und ihn holen will. Mit einer List gelingt es dem Schmied, den Tod auf den Birnbaum zu locken, von dem er nun nicht mehr herunter kommt. Schluss ist also erst, wenn der Schmied es will.

  
Im richtigen Leben machen wir die Erfahrung, dass das Leben begrenzt ist und bleibt. Allerdings macht hin und wieder der eine oder die andere die Erfahrung, dass sie eine zweite Chance bekommen. Das berichtet auch die Bibel. Gott gewährt dem schwer kranken König Hiskia eine zusätzliche Spanne Zeit. Zuvor hatte er Hiskia durch den Propheten Jesaja ausrichten lassen: „Bestelle dein Haus, denn du wirst sterben.“ Der König sitzt erst wie erstarrt, fängt dann an zu weinen und fleht Gott um Rettung an. Der lässt sich tatsächlich erweichen: „Ich will dich gesund machen und deinem Leben fünfzehn Jahre hinzu tun.“ Zur Bekräftigung setzt er ein Zeichen und stellt die Sonnenuhr des Palastes um zehn Schattenstriche zurück. Von da an, wird berichtet, tat Hiskia, was Gott wohl gefiel und seinem Volk gut tat.

  
Auch heute gibt es das noch. In unserer Klinik gibt es viele Patientinnen und Patienten, die ihr Leben nach einem Herzinfarkt als zweite Chance sehen und sagen: „Ich habe ab sofort einen zweiten Geburtstag.“ - „Jetzt genieße ich jede Stunde.“ – „Ich lebe viel bewusster.“ Eine solche Haltung kann selbst einen schweren Leidensweg ertragen helfen. Es ist Gottes Segen, wenn einem in der Krise solche Kraft zuwächst. Ich wünsche allen, die es im Moment brauchen, weil Sie mit einem Verlust fertig werden müssen, sei es der Verlust von einem geliebten Menschen, von Gesundheit, von Arbeit oder Heimat, dass Sie Got-tes Segen spüren und er Ihnen Kraft zur Bewältigung gibt.
Mit herzlichen Grüßen für eine gesegnete Woche,

Ihre Anke Lublewski-Zienau