EvangelischeEv. Kirche in Ennepetal, Gevelsberg, Haßlinghausen, und Schwelm

Corona, die christl. Märtyrerin

Liebe Leserin und lieber Leser,

so wie viele Menschen mit “Kyrill” einen zerstörerischen Orkan verbinden, so verbinden sie mit “Corona” eine Viruserkrankung oder eine Biersorte. Dabei sind die Namen Kyrill und Corona viel älter als die Katastrophen des 21. Jahrhunderts. Kyrill ist ein Heiliger und Corona eine Heilige der christlichen Kirche.

Uwe Hasenberg ist Pfarrer in der Ev. Kirchengemeinde Gevelsberg

Corona erlitt im 2. Jahrhundert, vermutlich im Jahr 177 nach Christus, den Märtyrerinnentod. Sie wurde an zwei niedergebogene Palmbäume gebunden und dann von den hochschnellenden Palmen zerrissen. Da ihr Name übersetzt “Krone” bedeutet und bis heute Kronen in Ländern wie Norwegen und Schweden Währungseinheiten sind, wurde sie zur Patronin und Helferin in Geldangelegenheiten. Welch Ironie der Geschichte, als am 25. März 2020 “aufgrund von Corona” der Deutsche Bundestag ein mehrere Milliarden Euro schweres Rettungspaket für die Wirtschaft und andere in Not geratende Menschen mit großer Mehrheit beschlossen hatte! Corona wird in der christlichen Kunst ab dem 15. Jahrhundert so dargestellt, dass sie einem Bettler ein Geldstück reicht. Ich hoffe sehr, dass den Entscheidungstragenden im Bundestag klar gewesen ist, wo die Prioritäten liegen und wer wirklich auf das Geld angewiesen sein wird.

Im Evangelium nach Markus (Kapitel 12, Verse 41-44) ist zu lesen: “Jesus setzte sich dem Gotteskasten gegenüber und sah zu, wie das Volk Geld einlegte in den Gotteskasten. Und viele Reiche legten viel ein. Und es kam eine arme Witwe und legte zwei Scherflein ein; das ist ein Heller. Und er rief seine Jünger zu sich und sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Diese arme Witwe hat mehr in den Gotteskasten gelegt als alle, die etwas eingelegt haben. Denn sie haben alle von ihrem Überfluss eingelegt; diese aber hat von ihrer Armut ihre ganze Habe eingelegt, alles, was sie zum Leben hatte.”

Wer gibt schon alles, was sie oder er zum Leben hatte, um es in einen Gotteskasten zu legen? Mit “Gotteskasten” ist eigentlich die Schatzkammer und Vorratskammer im Tempel in Jerusalem gemeint. Um sie zu füllen, standen 13 Geldbehälter im “Vorhof der Frauen”. Sie sahen so aus, wie sie genannt wurden: “Posaunen”. Wie ein umgestülpter Trichter gab es oben Einwurfmöglichkeiten. Damit nicht alles eingeworfen werden konnte, was in den Tempel mitgebrachte wurde, prüften die Priester jede Münze. Weil sie das dann nach der bestandenen Prüfung “ausposaunten”,  erfuhren alle Anwesenden, was gegeben wurde. So erfuhr auch Jesus, dass die Reichen viel gaben. Er kommentierte es indirekt. Sie hatten von ihrem Überfluss gegeben, nur ein Teil von dem, was sie zum Leben hatten. Die arme Witwe - was in der Antike eine Tautologie war wie ein weißer Schimmel oder ein schwarzer Rappen - aber gab alles.

Wenn ein sportlicher Multimillionär eine Millionen spendet, dann ist das in den Augen des Nazareners weniger als das, was ein arbeitsloser Hartz-IV-Empfänger gibt. Natürlich ärgert diese Sicht die Reichen und Vermögenden. Aber es ärgert auch die, die meinen, dass Menschen das wenige, das sie haben, unbedingt für sich behalten müssten. Wer gibt schon alles, was er zum Leben hat?

Die Antwort darauf ist nicht überraschend: die arme Witwe und Jesus von Nazareth! Er gab sein Leben als Lösegeld für viele! Er starb, um für alle Sterbenden das ewige Leben zu erwerben. Nur wenige Tage vor seiner Gefangennahme und Kreuzigung saß Jesus vor dem “Gotteskasten” und hatte die arme Witwe und damit sein eigenes Ende als Anfang einer neuer Wirklichkeit, die Bestand haben wird, vor Augen.

Im Vertrauen darauf starb Corona den Märtyrerinnentod. Viele Jahrhunderte später stellt ein Virus gleichen Namens uns die Frage: Was sind wir bereit zu geben? Welche “Opfer” bringen wir, um die gefährdeten Mitmenschen zu schützen, um die Erkrankten zu pflegen, um der Verbreitung des Virus Einhalt zu gebieten? Wir müssen nicht alles geben, was wir zum Leben haben. Es reicht schon auf Vieles freiwillig zu verzichten. Auch so ehren wir Gott, wie die Witwe, wie Corona und Kyrill und wie Jesus, der Christus.

Gott segne Sie

Pastor Uwe Hasenberg, Gevelsberg