EvangelischeEv. Kirche in Ennepetal, Gevelsberg, Haßlinghausen, und Schwelm

Für ein friedliches Miteinander

Liebe Leserinnen und Leser!

Man stelle sich folgende Szene vor: Ein verliebter junger Mann schenkt der Dame seines Herzens eine Rose. Sie nimmt die Rose in die Hand, sticht sich mit einer der Dornen in den Finger - und beschimpft den Verehrer, Schuld an ihrem Schmerz und ihrem blutigen Finger zu sein. Dass die Geschichte ein Happy-End hat, ist eher unwahrscheinlich.

 

Thomas Bracht ist Pfarrer in der Ev. Kirchengemeinde Haßlinghausen-Herzkamp und Silschede

    

 

Ich weiß nicht, ob so etwas schon mal wirklich passiert ist. Aber ich habe den Eindruck, dass wir Menschen viel eher zu Kritik und Nörgelei neigen als zur Dankbarkeit. Das fängt mit dem Wetter an und hört bei der Politik noch lange nicht auf. Ein Grund zum Nörgeln findet sich immer.

  

A propos Politik. Sie wird von Menschen gemacht, und Menschen machen Fehler. Aber genauso sind Menschen - und eben auch Politikerinnen und Politiker - in der Lage, Großes zu schaffen. Vor 60 Jahren hatten einige von ihnen einen Traum. Sie, die zwei Weltkriege miterlebt hatten, wollten ein friedliches und freies Europa schaffen. Aus zunächst sechs Staaten wurde die "Europäische Wirtschaftsgemeinschaft" geschaffen, Vorläufer der heutigen EU mit 28 (bald leider nur noch 27) Staaten. Auch an der EU wird viel herumkritisiert, und angesichts ihrer bisweilen ausufernden Bürokratie ist manche Kritik durchaus berechtigt.  Aber muss man deshalb gleich das vereinte Europa für erledigt erklären und das Heil in der Rückkehr zum Nationalismus suchen?

   

Immer mehr Menschen stellen sich diesem Trend in den Weg. Seit einigen Wochen bekunden sie öffentlich, was wir an der Europäischen Union haben. Unter dem Motto "Pulse of Europe" treffen sie sich an jedem Sonntag in vielen europäischen Städten (sogar in Großbritannien), um für die Rettung des krisengeschüttelten Europa zu demonstrieren. Sie betrachten das vereinte Europa wie eine Rose; bei der schaut man ja auch nicht zuerst auf die Dornen, sondern auf die Blüte. Und wenn man sich mit den mit den Dornen in den Finger piekt, wird der Schmerz doch längst verklungen sein, ehe die Blüte verwelkt.

   

Gerade als Christ bin ich dankbar dafür, im vereinten Europa leben zu dürfen; denn gerade als Christ konnte ich mit engstirnigem Nationalismus nie etwas anfangen. Die frohe Botschaft hat immer Grenzen überschritten, und in schon in der jungen Christenheit waren Menschen aus verschiedenen Nationen vereint. In einem seiner Briefe schreibt Paulus: "Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus" (Galater, 3,28). Im Lichte des Evangeliums verlieren alle anderen Unterschiede an Bedeutung. Was können wir als Christen besseres tun, als das friedliche Miteinander mit Menschen aus allen Völkern zu suchen!

    

Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Woche!

Ihr Thomas Bracht