EvangelischeEv. Kirche in Ennepetal, Gevelsberg, Haßlinghausen, und Schwelm

Aufgetaut!

Liebe Leserinnen und Leser,

 

was für ein Wetterumschwung in den letzten acht Tagen: erst der klirrende Frost und dann plötzlich zweistellige Temperaturen! Am Mittwoch fühlte ich mich richtig aufgetaut. Die Handschuhe durften auf der Garderobe bleiben, die Ohren taten draußen nicht mehr weh und sogar die Vögel klangen schon irgendwie ein bisschen nach Frühling.

 

Jürgen Schröder ist Pfarrer in der Evangelischen Kirchengemeinde Schwelm

  

Natürlich ist solch ein Extremwetter nicht ohne eine ordentliche Brise zu haben. Da wird man nachts vom Rappeln der Jalousien geweckt, das Heulen des Windes im Haus lässt sich auch von geschlossenen Fenstern nicht aussperren und bei Regen ist der Einsatz des Schirms beinahe zwecklos.

   

Aber das nehme ich gerne in Kauf. Ich habe Frühlingsluft gewittert. Und auch, wenn der Winter nochmal so richtig zurückschlagen sollte: Diesen Duft kriege ich nicht mehr aus der Nase. Das Heulen des Windes klingt mir wie eine Hoffnungsmelodie: Da bahnt sich unüberhörbar etwas Neues an.

   

So betrachtet, kann ich gerade dem Sturm viel Positives abgewinnen. Das Lüften zum Beispiel geht viel schneller: Ruck-zuck ist der alte Mief draußen und Frischluft drinnen. Wer müde ist, muss nur mal kurz vor die Tür und sich richtig durchpusten lassen. Und nach winterlicher Erstarrung lässt mich jede Böe spüren: Nichts muss bleiben, wie es ist!

   

Ich kann verstehen, warum in der Bibel ausgerechnet der Sturm mit dem Geist Gottes in Verbindung gebracht wird. Denn was in der Natur gilt, gilt – unter dem Vorzeichen des Geistes Gottes - auch für Verhältnisse und Beziehungen unter Menschen: Nichts muss bleiben, wie es ist! Ein Kirchenlied von 1827 drückt das so aus: „Wo du sprichst, da muss zergehen, was der starre Frost gebaut; denn in deines Geistes Wehen wird es linde, schmilzt und taut.“ Ich glaube, solches Auftauen tut uns allen gut!

   

Ihr Jürgen Schröder