Im Kirchenjahr beginnt die Weihnachtszeit erst mit dem Fest, vorher war Advent. Also ist es eine Woche nach Weihnachten noch früh genug, noch einmal über Weihnachten nachzudenken.
Was heißt Gott wurde Mensch? Warum wurde Gott Mensch? Die klassische Antwort kennen Sie: "... für unsere Sünden." Doch die ist auch schon heftig diskutiert worden. Schaut Gott zu, während sein Sohn leidet? Schon der Blickwinkel ist falsch: Weihnachten sagt: Er "steckt drin" und ist nicht "außen vor". Er betrachtet nicht von der äußersten Galaxie das Elend der Welt, sondern kommt selbst auf die Erde. Er gibt uns Rätsel auf, aber er ist alles andere als teilnahmslos.
Seitdem ich wieder in der Krankenhausseelsorge arbeite, habe ich einen neuen Zugang zu dieser Frage: Gott schlüpft in menschliche Haut, um sich in die Menschen einzufühlen. Wer krank ist, merkt schnell, ob das Gegenüber mitfühlen kann. Oberflächliche Mutmacher sind Worte wie "Kopf hoch, wird schon wieder!" Dagegen fühlen sich die Patienten am besten verstanden, wenn jemand die gleiche Krankheit schon durchlitten hat und sozusagen "von innen her" kennt. Jesus kennt das menschliche Leid von innen. Er weiß, wie es ist, ungerecht beurteilt und verurteilt zu werden, gefoltert zu werden, Schmerzen zu haben, zu sterben. Und dann wendet sich das Blatt. Jesus blieb nicht im Tod, sondern er lebt wieder. Kranke orientieren sich gern an denen, die selbst einmal krank waren, es aber geschafft haben. Krebskranken kann es helfen, Menschen zu sehen, die das gleiche durchgemacht haben, aber geheilt sind. Suchtkranken sind trockene Alkoholiker, die es geschafft haben, ein Hilfe, um zu sehen: Ich kann auch gesund werden.
Der mit uns das Leid geteilt hat, hat es auch überwunden. Der in Fleisch und Blut mit uns den Schmerz geteilt hat, teilt auch das ewige Leben mit uns und sagt: "Seht her, ich lebe und ihr sollt auch leben." Mit dieser frohen Botschaft wünsche ich ein frohes neues Jahr.
Ihr Pastor Dirk Küsgen