EvangelischeEv. Kirche in Ennepetal, Gevelsberg, Haßlinghausen, und Schwelm

Ermutigung

Wolf Biermann, Liedermacher und Lyriker, schrieb Ende der 60er Jahre das wunderbare Gedicht „Ermutigung“, das mit den Worten beginnt: „Du lass Dich nicht verhärten, in dieser harten Zeit. Die allzu hart sind brechen, die allzu spitz sind stechen und brechen ab sogleich.“ Er hat es später auch vertont und ich habe es Mitte der 70er Jahre begeistert gesungen.

Pfarrerin Anke Lublewski-Zienau ist Krankenhausseelsorgerin in der Klinik Königsfeld in Ennepetal

Dieses Gedicht spricht Mutlosigkeit an, Müdigkeit und Verzweiflung. Und es will gleichzeitig dagegen angehen helfen. Es bittet: „Gebt nicht auf, auch wenn es schlimm kommt. Werdet nicht bitter, werdet nicht zu Stein.“ Es sagt nicht: „Es ist alles nicht so schlimm!“ Sondern es sagt deutlich, dass es harte Zeiten gibt. Und gleichzeitig: „Werdet darum nicht selber hart!“

Hart ist Vieles, was wir Menschen – nicht nur in dieser Corona-Krise – erleben. Und ich weiß, dass Vieles auch hart ist, was wir noch vor uns haben. In unserem Leben gibt es immer wieder Zeiten, die sehr schwer zu ertragen sind.

Die logische Frage, die sich daraus ergibt, ist: „Warum?“ Sie wird meist laut, wenn unser Leben bedroht ist und wir deshalb Angst bekommen. Nicht nur gläubige Menschen adressieren sie in dem Moment an Gott.

Die Frage nach dem Warum ist so alt, wie die Menschheit. Schaue ich in die Bibel, dann finde ich nichts darüber, warum es das Leid gibt. Auch nicht, dass Gott es schickt. Das Einzige, was ich zu Leiderfahrungen finde ist Gottes Zusage, uns nicht allein zu lassen, wenn wir schlimme Zeiten durchmachen.
Gott kennt sich mit Leid, Schmerzen, Einsamkeit oder Ausgeliefertfühlen gut aus, denn er ist in Christus Mensch geworden und hat viel Leid am eigenen Leib erlebt, wie uns die Karwoche vergegenwärtigt. Dadurch ist er kein weltfremder Gott in einem fernen Himmel, sondern ein Gott, der mitfühlen kann und uns ganz nah ist.

Genau von dieser Erfahrung erzählt auch Dietrich Bonhoeffer. Er beschrieb immer wieder als er im Gefängnis saß und dem Naziterror ausgeliefert war, wie er trotz allem etwas von der Gegenwart Gottes spürt. Er hat diese Erfahrung mit den Worten ausgedrückt:

„Von guten Mächten wunderbar geborgen

erwarten wir getrost, was kommen mag.

Gott ist mit uns am Abend und am Morgen

und ganz gewiss an jedem neuen Tag.“

Bonhoeffer spricht von den guten Mächten, die ihn trotz äußerer Bedrohung umgeben. Er beschreibt eine Erfahrung, die logisch nicht zu erklären, nicht zu beweisen und trotzdem wahr ist. Viele Menschen haben in den unterschiedlichsten Bedrohungen die Erfahrung gemacht, dass sie sich mitten im Schrecklichen auf geheimnisvolle Weise beschützt gefühlt haben.

Ich hoffe für uns alle, dass wir genau dieses auch jetzt spüren.

Übrigens endet Wolf Biermanns Gedicht von der Ermutigung mit den Worten: „Wir wollen es nicht verschweigen, das Grün bricht aus den Zweigen.“

Ihre Anke Lublewski-Zienau