EvangelischeEv. Kirche in Ennepetal, Gevelsberg, Haßlinghausen, und Schwelm

Die etwas anderen Kerzen im Advent

Morgen ist nicht nur Dritter Advent, sondern auch ein Gedenktag: "Worldwide Candlelighting" gleich "weltweites Kerzenanzünden".

Pfarrer Dirk Küsgen ist evangelischer Krankenhausseelsorger im Helios-Klinikum Schwelm

Überall zünden Eltern, die ein Kind verloren haben, eine Kerze an und stellen sie ins Fenster. Geschieht das überall um 19 Uhr Ortszeit, dann wandert der Lichtschein in 24 Stunden einmal um die Welt. Es sind Eltern von Sternenkindern dabei, die schon im Mutterleib oder bei der Geburt gestorben sind. Andere habe ihr Kind verloren, als es schon erwachsen war. Es kann Krebs gewesen sein, ein Verkehrsunfall oder ein Sekundentod, weil es so vorherbestimmt war. Wer alten Menschen viel zuhört, ob im Altenheim oder im Krankenhaus, weiß, dass dies keine Einzelschicksale sind, selbst wenn heutzutage in Deutschland die Säuglingssterblichkeit gering ist. Mehr als einmal erzählte mir im Krankenhaus eine Frau von einem bereits verstorbenen Kind. Und mehr als einmal mischte eine Bettnachbarin sich in das Gespräch ein, ihr sei das auch passiert ist oder sie kenne jemanden im ganz nahen Umfeld. Hand aufs Herz - die gestorbenen Kinder und ihre Eltern lassen auch mich nach der Gerechtigkeit Gottes fragen und an seiner Allmacht zweifeln. Was sage ich, wenn eine junge Mutter an Krebs stirbt? Oder ein Kind durch einen Verkehrsunfall? Wenn ein Kind Opfer eines Gewaltverbrechens geworden ist? Warum lässt der allmächtige Gott das nur zu?

   

Hier hilft nur ein Perspektivwechsel vom erhabenen Herrn im Himmel hinab in die Niederungen der Erde. Mitten unter den verwaisten Eltern steht ein Vater, der das alles so gut mitfühlen kann, weil auch sein Kind ein Opfer von Gewalt wurde. Wenn sie ihn fragen, wann, wie und wo ihm das widerfahren ist, antwortet er: "Er ist gut 30 geworden, hatte die Vision einer besseren Welt gesprochen, die ganz vor der Tür steht und bald anbrechen würde. Deshalb sollten die Leute ihr Leben ändern. Er konnte kein Unrecht ausstehen und seinen Mund nicht halten. Immer wieder hat er den Menschen auch von mir erzählt, von seinem Vater. Eines seiner letzten Worte war "Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun." Wissen Sie wie schwer das ist und wie weh das tut? Mein Sohn wurde Opfer von Folter und eines Justizskandals. Er starb vor den Toren der Heiligen Stadt an einem Marterpfahl mit Querbalken. Und sie werden es nicht glauben: Ich habe meinen toten Sohn des Nachts aus seinem Grab befreit. Er lebt wieder. Bis heute lebt er bei mir zuhause - vor bösen Menschen sicher, weil ich nur ihnen einen Riegel vor die Tür geschoben habe."

    

Und jetzt liegt es an Ihnen, liebe Leserin. Sagen Sie: Das war die verzweifelte Geschichte eines gebrochenen und verwaisten alten Mannes? Oder glauben sie dem Vater, dass seine Liebe stärker und seine Macht größer war als der Tod? Letzteres wäre die einzige Hoffnung für alle seine Kinder in der Welt - für die bereits Verstorbenen und für die noch Lebenden.

    

Pastor Dirk Küsgen

   

P.S. Wer mitmachen möchte, kann übrigens am Sonntag um 19 Uhr eine Kerze ins Fenster stellen oder durch 2G-Kriterien ausgewiesen eine halbe Stunde eher zur Andacht ins Gemeindehaus am Oberloh in Schwelm kommen.