EvangelischeEv. Kirche in Ennepetal, Gevelsberg, Haßlinghausen, und Schwelm

Was steht ihr da und seht zum Himmel?

Liebe Leserinnen und Leser,

Himmelfahrt liegt gerade hinter uns. Ich glaube, dass dieses fast vergessene Fest ganz viel mit unserem Leben zu tun hat!

 

André Graf ist Pfarrer in der Evangelischen Kirchengemeinde Milspe-Rüggeberg

      

Zwar ist es anders als nach Karfreitag, dennoch stehen die Jünger beisammen und blicken Jesus voller wehmütiger Traurigkeit hinterher. Da plötzlich treten zwei Engel hinzu und fragen sie:

Was steht ihr da und seht zum Himmel?

Der Blick in den Himmel ist im Fall der Jünger der wehmütige Blick zurück. Zurück auf all das was war.

Doch dieser Blick birgt ein großes Problem in sich. Denn wer immer nur wehmütig zurückblickt, der kann das Leben im hier und jetzt nicht mehr genießen, sich den Herausforderungen nicht fröhlich stellen. Stattdessen bleibt er gefangen. Heraus kommt z.B. ein „Früher war alles besser“ oder ähnliches.

Was steht ihr da und seht zum Himmel?

Frau Ludewig ließ ihren Mann Paul die Überweisungen für die Bank schreiben. Sie ließ ihn steuern bei den Fahrten mit dem Auto. Sie schaute mit ihm Lindenstrasse, auch wenn sie lieber im Garten gesessen hätte. Dafür schnitt er am Wochenende das Gemüse und brachte regelmäßig eine Flasche Sekt mit, damit sie beide ein bisschen feiern.

Manchmal träumte sie davon, ein Flugzeug selber zu steuern. Immer wieder startete sie erfolgreich im Traum, aber nach ein paar Kilometern landete sie im Vorgarten auf der Hecke ihrer Eltern. Da großes Theater! Wie kannst Du nur… Immer wieder diese Szene nachts.

Einmal hat sie Paul davon morgens erzählt. „Na du willst ja hoch hinaus. Mach doch erst mal Führerschein, ich zahl ‘s auch.“

Hat sie nicht. Warum auch, er fuhr gern und sie fuhr mit. Vor zwei Jahren hat sie ihren Mann nach 34 Jahren Ehe hergeben müssen.

Erst ging gar nichts mehr. Die beiden Söhne kamen oft, weil sie kaum essen wollte. Der Pastor sagte: „Tragen sie doch eine Weile schwarz.“

So machte sie es. Und es tat ihr gut, Ihre Trauer zeigen zu können.

Die Söhne schrieben die fälligen Überweisungen und bestellten ihr ein Taxi.

Was steht ihr da und seht zum Himmel?

Eines Tages wachte Frau Ludewig auf, hörte die Vögel schimpfen, sah die leere und saubere Hälfte des Ehebettes an und schüttelte den Kopf.

Sie ging an den Schrank, warf seine Anzüge in einen Karton, zerlegte das Bett und wartete beim Kaffee auf die Ladenöffnung des Möbelgeschäfts. Eine Woche später stand ihr neues, schmaleres Bett im Zimmer.

Dann ging sie auf die Bank und ließ sich zeigen, wie man Überweisungen ausfüllt. Sie ließ sich vom Älteren der Söhne auf einem alten Flugplatz zeigen, wie man ein Auto steuert. Meldete sich beim Führerschein an, fiel einmal durch und bestand beim zweiten Mal. Nun fährt sie – nach Kopenhagen. Weil sie das Licht so schön findet da oben.

Was steht ihr da und seht zum Himmel?

Wir alle kennen solche Momente. Und doch gilt es sich nicht von ihnen gefangen setzen zu lassen. Manchmal dauert es eine Weile bis es uns gelingt wieder froh und frei das heute und morgen in Angriff zu nehmen. Anfangen aber tut es im Herzen.

Für die Jünger bleibt es nicht bei diesem wehmütigen Blick nach oben. Stattdessen warten sie geduldig darauf, dass wahr wird, was Jesus ihnen versprochen hat: Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen und werdet meine Zeugen sein!“

Noch dauert es ein paar Tage. So ist das Leben! Nicht immer gelingt der Blick nach vorn sofort.

Dann aber wird es Pfingsten. Die Wehmut weicht. Die Freude bricht sich Bahn. Jesus ist ihren Augen zwar verborgen, doch mit dem Herzen noch immer zu sehen. Deutlicher als jemals zuvor.

Plötzlich steht ihnen die Zukunft offen. Mutig und voller gespannter Erwartung treten sie hinein! 

In diesem Sinne

Gesegnete (Pfingst-)Tage Ihnen!

Herzlichst

Pfarrer André Graf