EvangelischeEv. Kirche in Ennepetal, Gevelsberg, Haßlinghausen, und Schwelm

Kritische Worte an die Landeskirche

Am Samstag, den 10. Juni fand die 1. Sitzung der 100. Versammlung der Kreissynode des Kirchenkreises Schwelm in Rüggeberg statt.

Die Synode begann um 09:00 Uhr mit einem Abendmahlsgottesdienst, der von Pfr. Andreas Schulte aus Voerde gehalten wurde.

Superintendent Manfred Berger (2.v.r.) nahm die Grüße und ein Gastgeschenk von Ottys Kambuwe (r.) aus West-Papua entgegen.

Superintendent Manfred Berger konnte auch Landeskirchenrätin Maria Barutzky-Jürgens (l.) von der Evangelischen Kirche von Westfalen auf der Synode begrüßen.

Grußworte aus West-Papua
In den folgenden Grußworten überbrachte Landeskirchenrätin Maria Barutzky-Jürgens die Grüße der Kirchenleitung in Bielefeld. Der stellvertretende Bürgermeister der Stadt Ennepetal, Johannes Kraft, lobte die enge Zusammenarbeit und das konstruktive Miteinander von Stadtverwaltung und Kirchengemeinden. Natan Pahabol, Ottys Kambuwe und  Alpius Mohi aus dem Partnerkirchenkreis in West-Papua bedankten sich für die Unterstützung im Rahmen der Partnerschaftsarbeit.
Dr. Maria-Magdalena Weber und Lis-Ingrid Mütze verwiesen in einem kurzen Referat zur Geschichte des Kirchenkreises darauf, dass der Kirchenkreis Schwelm schon 102 Jahre alt ist. In diesem Jahr findet erst die 100. Versammlung statt, weil in den Kriegsjahren zweimal keine Synode stattfand. 

  

Dramatischer Finanzeinbruch
Der Tagesordnungspunkt Finanzangelegenheiten stand bei den Beratungen im Mittelpunkt.
 Der Vorsitzende des Finanzausschusses des Kirchenkreises, Klaus Ostermann, skizzierte die jüngsten Finanzprognosen für die Gemeinden und den Kirchenkreis. Demnach müssen die Gemeinden bis zum Jahr 2010 mit einem Rückgang der Einnahmen aus Kirchensteuermitteln von bis zu 65,22% rechnen. Das bedeutet, dass bezogen auf 1995 im Jahr 2010 den Gemeinden noch ca. 20% der Kirchensteuer zur Verfügung stehen wird.  Die Synodalkasse des Kirchenkreises wird in diesem Zeitraum ca. 26,72% weniger Einnahmen verzeichnen können.
Die Hauptgründe für diese Finanzentwicklung liegen zum einen in den steigenden Versorgungskassenbeträgen für die öffentlich-rechtlichen Bediensteten, dass sind in der Regel die Pfarrerinnen und Pfarrer. Zum anderen muss die Westfälische Landeskirche in den nächsten fünf Jahren ca. 100 Millionen Euro für Clearing-Rückzahlungen bereitstellen.  

   

Clearing - was ist das?
"Die Kirchensteuern stehen der Kirche zu, in der das Gemeindeglied seinen Wohnsitz hat. Aufgrund des sogenannten Betriebsstättenprinzips im staatlichen Steuerrecht geht die Kirchenlohnsteuer aber dort ein, wo der Arbeitgeber des Kirchenmitgliedes seine Betriebsstätte unterhält. In einer großen Zahl von Fällen geht die Kirchenlohnsteuer daher bei Landeskirchen ein, denen sie gar nicht zusteht - bei westfälischen Landesbeamten etwa bei der Ev. Kirche im Rheinland. Da Betriebsstätten und Wohnsitze ungleich über die Landeskirchen verteilt sind, bedarf es einer nachträglichen Bereinigung. Dieses Verrechnungsverfahren, "Clearing" genannt, wird von einer Dienststelle beim Kirchenamt der EKD in Hannover durchgeführt." (Klaus Winterhoff, Juristischer Vizepräsident, in: Erklärung zur Haushalts- und Finanzplanung der EKvW für das Jahr 2006) 

  

Forderungen an die Landessynode
Für die Gemeinden im Kirchenkreis Schwelm bedeuten diese finanziellen Einschnitte weitere Schließungen von Kirchen und Gemeindehäusern sowie die Aufgabe ganzer Arbeitszweige verbunden mit einem massiven Abbau von Stellen. Betriebsbedingte Kündigungen sind dann nicht mehr ausgeschlossen.
Um diesem Trend entgegen zu wirken forderte die Kreissynode Schwelm in ihren Beschlüssen die Landesynode der Ev. Kirche von Westfalen auf, "endlich Entscheidungen zu treffen, die dafür Sorge tragen, dass die Hauptlast nicht auf den Gemeinden liegt."
Außerdem stellte die Kreissynode folgende Anträge an die Landessynode:
"1. Die Kreissynode fordert als vordringlichste Aufgabe, alternative Modelle der Finanzierung der Kirche zu entwickeln...
2. Damit die Pfarrbesoldung nicht weiter wächst, sind Maßnahmen zu ergreifen, die zu deren Entlastung führen.
Dazu gehören Maßnahmen wie
* eine attraktive Vorruhestandsregelung
* eine Absenkung der Pfarrgehälter (ohne Besitzstandswahrung)
* Förderung von Teildiensten (Reduzierung des Dienstumfangs)
3. Die Kreissynode fordert, ein einheitliches Dienstrecht zu schaffen. Die absehbare Reduzierung von Stellen bzw. Beendigung von Beschäftigungsverhältnissen darf nicht einseitig zu Lasten der tariflich Beschäftigten erfolgen.
4. Das neue Finanzausgleichsgesetz ist auf seine Tragfähigkeit in der entstandenen Situation zu überprüfen und ggf. unter Berücksichtigung der Kirchensteuerhoheit der Kirchengemeinden den neuen Bedingungen anzupassen. Ebenso ist der gesamte übersynodale Finanzausgleich zu prüfen und die Ausgaben zu senken.
5. Da offensichtlich nicht genügend betriebswirtschaftliche Kompetenz auf der landeskirchlichen Ebene vorhanden ist, und die Ausschüsse von Ehrenamtlichen mit der gegenwärtigen Situation überfordert sind, muss die nötige betriebswirtschaftliche Kompetenz - ggf. als externe Beratung - hinzugezogen werden sowie ein effektives Controlling eingeführt werden.
6. Die Umwandlung von verwaltungsaufwändigem Immobilienvermögen in Kapitalvermögen muss erleichtert werden.
7. Wir stellen fest, dass der Informationsfluss der Landeskirche über die finanzielle Lage völlig mangelhaft ist. Dadurch wird das presbyterial-synodale Prinzip nicht ernst genommen. Es muss sichergestellt werden, dass die Leitungsgremien auf allen Ebenen in allen Situationen sachgerecht und zeitnah agieren können.
8. Die Kreissynode fordert die Landeskirche auf, unverzüglich einen Rechenschaftsbericht über die Versäumnisse bezüglich der Versorgungskasse und des Clearings vorzulegen.
9. Wir fordern die Landeskirche auf, für eine angemessene und  zeitnahe  Information der Öffentlichkeit über die finanzielle Situation der EKvW Sorge zu tragen, z.B. durch Hilfen zur Vermittlung auf Gemeindeebene, Homepage der Landeskirche, Medienarbeit." 

   

Stellenreduzierung bei Gemeindepädagoginnen und Gemeindepädagogen
Um den landeskirchlichen Schlüssel von 4 Pfarrstellen - 1 Gemeindepädagogin/Gemeindepädagoge im Kirchenkreis anzugleichen, beschloss die Synode die kreiskirchlich finanzierten Stellen der Gemeindepädagoginnen und Gemeindepädagogen zum 1.1.2007 von derzeit 7,25 auf 6 Stellen abzubauen. Aufgrund von personellen Veränderungen kann dieser Abbau ohne betriebsbedingte Kündigungen erfolgen. 

    

Freiwilliges Kirchgeld
Alle Kirchengemeinden des Kirchenkreises haben in den letzten 12 Monaten ein freiwilliges Kirchgeld eingeführt. Die Ergebnisse werden von den einzelnen Gemeinden mit gut bis sehr gut bewertet.  

   

Wahlen und Stellungnahmen zu Gesetzesvorlagen
Im weiteren Verlauf der Tagung wählte die Synode Herrn Günther Leppich (Gevelsberg), Herrn Hans-Christian Rook (Haßlinghausen und Herzkamp) und Herrn Dr. Dietmar Cramer (Ennepetal) zu 1. Stellvertretern ihrer Kirchengemeinden in den Finanzausschuss.
Für die Kirchengemeinde Gevelsberg wurde Herr Michael Bick in den Nominierungsausschuss des Kirchenkreises gewählt.
Dem Rechnungsprüfungsausschuss gehören künftig Herr Andreas vom Berg aus Voerde und Herr Karl-Gustav Rosendahl aus der Kirchengemeinde Haßlinghausen und Herzkamp an.
Pfr. Armin Kunze aus Voerde und Pfr. Hans Schmitt aus Schwelm teilen sich zukünftig das Amt des Diakoniebeauftragten.
Sowohl eine Gesetzesvorlage der Landeskirche zum Visitationsgesetz als auch zur Änderung des Prebyterwahlgesetzes wurden von der Synode diskutiert und verabschiedet. Ebenso beriet die Synode über eine Übergangsregelung bezüglich der Neuwahl von Superintendenten und Superintendentinnen. 

    

Sexuelle Gewalt und Belästigung in der Kirche
Pfrn. Marianne Funda, Leiterin des Frauenreferates des Kirchenkreises, wies in einem Vortrag zum Thema Sexuelle Gewalt und Belästigung in der Kirche darauf hin, dass sie und der Leiter der  Evangelischen Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Erwachsene - Schwangerenkonfliktberatung, Harald Otschik, als Ansprechpartner vor Ort fungieren. 

   

Am Ende der Sitzung wies Superintendent Manfred Berger noch auf den Kreiskirchentag am 17. September in Schwelm hin. Der Tag steht unter dem Motto "und alle werden satt...". (HB)