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„Ich kann nur dafür beten“

Ruth Rau aus Hiddinghausen engagiert sich seit vielen Jahren in der Friedensarbeit. Sowohl die Hiddinghauser Friedensgebete als auch die Aktion „Waffeln statt Waffen“ wären ohne sie nicht denkbar gewesen.

Ruth Rau ist auch mit 85 Jahren noch „friedensbewegt“.

Seit dem Jahr 2000 packt Dorothea Lippa (rechts) zusammen mit ihrer Freundin Heike Standke die Pakete im Hidding-hauser Gemeindehaus.

  

 

„Ich war von 1976 bis 1996 Presbyterin in unserer Gemeinde“, erzählt die heute 85jährige ehemalige Volksschullehrerin und Bäuerin und erinnert sich, wie sie begonnen hat, sich für den Frieden zu engagieren: „Wir haben Anfang 1980 im Presbyterium den NATO-Doppelbeschluss diskutiert. Ich habe damals in der Diskussion gesagt, „Ich kann das nicht beurteilen, ich kann nur dafür beten“.“

(Am 12. Dezember 1979 hatten die Außen- und Verteidigungsminister der NATO auf einer Tagung in Brüssel beschlossen, von Ende 1983 an 108 Pershing-II-Raketen und 464 Marschflugkörpern in Europa zu stationieren und parallel dazu der damaligen Sowjetunion ein Verhandlungsangebot über die Begrenzung solcher Waffensysteme zu machen. –Anmerk. d. Red.).

Pfarrer Manfred Hafer habe dann anschließend dieses Votum aufgenommen und mit ihr zusammen die Friedensgebete in Hiddinghausen ins Leben gerufen. „Wir haben uns dann bis vor ein paar Jahren jeden Mittwochabend getroffen und zusammen für den Frieden in den Familien, in der Gemeinde und in der Welt gebetet“, erzählt Ruth Rau. Selbst in den Ferien habe das Friedensgebet stattgefunden: „Manchmal haben wir auch nur zu zweit oder zu dritt vor dem Altar gesessen.“

   

„Wir wollen unser Beten tun“

 „Als der erste Golfkrieg 1991 ausbrach, waren wir der Meinung, dass wir etwas tun müssen", erzählt Ruth Rau. Pfarrer Hafer habe damals den Satz geprägt: „Wir wollen unser Beten tun“, der dann zum Leitsatz der Aktion  „Waffeln statt Waffen“ wurde.  Seitdem werden sonntags im Dietrich-Bonhoeffer-Haus in Hiddinghausen Waffeln zugunsten des  FRIEDENSDORF INTERNATIONAL in Oberhausen gebacken und verkauft. Fast alle Vereine, Parteien und gesellschaftlichen Gruppen aus Hiddinghausen beteiligen sich an der Aktion und stellen neben den vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern auch die notwendigen Zutaten zur Verfügung, die an den entsprechenden Sonntagen zwischen 15:00 und 16:30 Uhr verbacken werden.

Mittlerweile sind über 160.000,-- € auf das Konto des Friedendorfes in Oberhausen geflossen. Und natürlich hat Ruth Rau während ihrer aktivsten Zeit mindestens siebenmal im Jahr selber unzählige Waffeln zusammen mit Presbyterinnen und Presbytern, mit dem Kindergottesdienstkreis, der Frauenhilfe und den Teilnehmern des Friedensgebetes gebacken.

 

   

FRIEDENSDORF INTERNATIONAL

FRIEDENSDORF INTERNATIONAL wurde am 6. Juli 1967 als Bürgerinitiative gegründet, um Kindern aus Kriegs- und Krisengebieten zu helfen.  FRIEDENSDORF INTERNATIONAL will

  • medizinische Hilfe für Kinder geben
  • durch Hilfsprojekte in Kriegs- und Krisengebieten die Versorgung vor Ort verbessern
  • und friedenspädagogische Arbeit fördern.

Mittlerweile werden jährlich bis zu 1000 Kinder zur stationären Behandlung nach Deutschland geholt, soweit die dafür benötigten 2,5 Millionen Euro an Spenden zur Verfügung stehen (die Arbeit von FRIEDENSDORF INTERNATIONAL wird ausschließlich über Spenden finanziert).  .
In 300 Krankenhäusern werden die Kinder stationär behandelt, bevor sie dann zur weiteren medizinischen Nachsorge und Rehabilitation ins Friedensdorf nach Oberhausen kommen, um dann wieder geheilt in ihre Heimat gebracht werden zu können.

Das vorwiegende Konzept von FRIEDENSDORF INTERNATIONAL sieht jedoch die Betreuung der Kinder zu Hause vor. So entstanden im Laufe der Jahre 16 Friedensdörfer auf der ganzen Welt.
Aber auch in Oberhausen wurde in den letzten Jahren neu gebaut. Das alte Friedensdorf, das in Barackenbauweise errichtet wurde, konnte dank einer Zwei-Millionen-Euro-Spende des Lions-Club Deutschland und weiteren Zuwendungen durch feste Häuser ersetzt werden. Rund 8 Millionen Euro sind seit 2002 verbaut worden. Das Friedensdorf in Oberhausen ist so jetzt auch für weitere Aufgaben gerüstet.

  

Weihnachtspakete für den Kaukasus

Seit 1995 beteiligt sich der Gemeindebezirk Hiddinghausen auch an der „Bürgerpaketaktion“ von FRIEDENSDORF INTERNATIONAL, die bedürftigen Familien und Kinderheimen in Georgien, Nagorny Karabach, Armenien und Tadschikistan zugutekommt. Die Organisation hilft mit der Bürgerpaketaktion seit 1994 Not leidenden Menschen im Kaukasus.

Und wieder war es Ruth Rau, die diese Aktion mit aufgebaut hat. „In den ersten Jahren haben sich rund 20 Familien aus unserem Bezirk an der Aktion beteiligt und Pakete mit Lebensmitteln und Kinderkleidung gepackt“, erzählt Ruth Rau. Zusammen mit ihrer Tochter Dorothea Lippa habe sie die ersten Pakete in ihrer Küche gepackt, erzählt sie und freut sich, dass ihre Tochter die Aktion weitergeführt und ausgebaut hat.

Mittlerweile hat sich die Aktion zu einem logistischen Großunternehmen entwickelt. Seit dem Jahr 2000 packt Dorothea Lippa zusammen mit ihrer Freundin Heike Standke die Pakete im Hiddinghauser Gemeindehaus. In diesem Jahr haben die beiden Frauen 200 Pakete mit einem Gesamtgewicht von drei Tonnen auf den Weg in den Kaukasus gebracht.

  

Wer weiß, ob diese Friedensbewegung in Hiddinghausen so entstanden und gewachsen wäre, wenn Ruth Rau nicht vor 34 Jahren durch ihr Votum „Ich kann das nicht beurteilen, ich kann nur dafür beten“ den Anstoß dazu gegeben hätte. (HB)