EvangelischeEv. Kirche in Ennepetal, Gevelsberg, Haßlinghausen, und Schwelm

Geht den Kirchen der Glaube aus?

Pfarrer Alexander Garth war am 19. Oktober im Gemeindezentrum Silschede als Referent im gemeinsamen Pfarrkonvent der Ev. Kirchenkreise Hagen, Hattingen-Witten und Schwelm zu Gast.

Superintendentin Julia Holtz (Ev. Kirchenkreis Hattingen-Witten) und Superintendent Andreas Schulte (Ev. Kirchenkreis Schwelm) begrüßten Pfarrer Alexander Garth (Mitte). Auf dem Bild fehlt der Hagener Superintendent Henning Waskönig, der verhindert war.

Pfarrer Alexander Garth forderte ein „neues Betriebssystem“ für die Kirche.

Alexander Garth ist Pfarrer der Stadtkirche in Wittenberg und durch zahlreiche Veröffentlichungen in den letzten Jahren einer breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden (u.a. "Gottloser Westen?"; "Warum ich kein Atheist bin"; "Untergehen oder Umkehren"). Als Gründer der Jungen Kirche Berlin und der Vineyard Bewegung hat er Akzente der Erneuerung und des geistlichen Aufbruchs in der Postmoderne gesetzt.

  

Was kommt nach der Volkskirche?

Diese Frage stand im Zentrum des engagierten Vortrages, den Garth mit der Bemerkung begann, dass es für ihn an ein Wunder grenze, dass es die Kirche trotz allem, trotz ihrer Geschichte noch gibt. Das sei für ihn fast so etwas, wie ein Gottesbeweis.

Während weltweit die Christenheit boome und wachse, sei Europa allerdings ein christliches Notstandsgebiet. Den Kirchen in Europa gehe der Glaube aus, postulierte Garth und beschrieb den Niedergang des Christentums als ein europäisches Phänomen. Dabei beobachte er zwei „Megatrends“: erstens den Niedergang der institutionellen Religion und zweitens den Aufstieg der individuellen Religiosität.

Es sei längst nicht mehr selbstverständlich, sein Kind taufen zu lassen, auch nicht bei Menschen, die noch Mitglied der Kirche seien, erklärte Garth. Während früher die christlichen (Volks)Kirchen praktisch eine Monopolstellung in Sachen Glauben und Spiritualität hatten, seien sie heute ein Anbieter von vielen. Deshalb müssten die (Volks)Kirchen ihr Profil schärfen. „Wir müssen in die Gesellschaft aufbrechen“, mahnte Garth.

Heute sei der persönliche Glaube gefragt. Eine bewusste Entscheidung zum christlichen Glaube wäre wichtig. „Die Säkularisierungswelle wird alles mitreißen, was nicht in Christus verankert ist“, erklärte Garth.

  

Die Volkskirchen erlebten zurzeit erhebliche Umbrüche. So seien die Christen in Deutschland von der Mehrheit zur Minderheit geworden. Die Kirchen wären vom Mittelpunkt der Gesellschaft zum Randphänomen mutiert.

Die Volkskirchen müssten sich von einer „Betreuungskirche“ zu einer „Missionskirche entwickeln. „Kirche muss sprachfähig werden.“ Deutschland sei ein Missionsland. Deshalb sei diese Entwicklung alternativlos, wenn die Kirche überleben wolle.

Garth forderte ein „neues Betriebssystem“ für die Kirche, weg von der Institution und hin zur Bewegung. Neue Mitgliedschaftsmodelle mit mehr Partizipation seien wichtig und gefragt. Garth forderte eine „Kirche der Jüngerinnen und Jünger.“ „Kirche muss sich auf die Einzigartigkeit Jesu besinnen“, erklärte Garth und forderte, die „Bekehrung“ aus der evangelikalen Ecke zu holen.

  

Trotz aller kritischen Töne war der Vortrag von Pfarrer Garth doch ein positiver und Mut machender Blick in die Zukunft der Kirche.