EvangelischeEv. Kirche in Ennepetal, Gevelsberg, Haßlinghausen, und Schwelm

„Mehr Freiräume und Ressourcen für Experimente und Innovationen“

Sommersynode des Kirchenkreises Schwelm im Gevelsberger Zentrum für Kirche und Kultur

 

Text und Fotos: Carmen Möller-Sendler

Die Kreissynode fand im Zentrum für Kirche und Kultur in Gevelsberg statt.

Superintendent Andreas Schulte hielt einen viel diskutierten Jahresbericht.

Der neu gewählte Kreissynodalvorstand tagt am 24. September zum ersten Mal.

Die Sommersynode des Kirchenkreises Schwelm war geprägt von Aufbruchsstimmung und einem Neubeginn in sich ändernden Zeiten. Sie begann mit einem Gottesdienst, in dem Armin Kunze, Scriba und Pfarrer in Ennepetal-Voerde, über den Zusammenhalt unter den Urchristen predigte (Apg 6, 1-7): „Alte und Junge, Reiche und Arme, Männer und Frauen, Sklaven und Freie waren in diesen Gemeinden zusammen.“ Auch wenn Konflikte mit einer kleinen Gruppe dafür sorgten, dass die noch junge Bewegung sich eine Struktur geben musste: „Die integrierende Kraft ist der Grund, warum sich das Christentum so ausgebreitet hat. Auch wir sollten die Menschen nicht aus dem Blick verlieren, erst recht nicht die am Rand.“

Superintendent Andreas Schulte begrüßte die Synode und besonders Landeskirchenrätin Monika Pesch, die vor einem Jahr als Bildungsdezernentin die Nachfolge von Dr. Wolfram von Moritz bei der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW) angetreten hat. Sie stellte sich und ihre Arbeit vor und lud dazu ein, sich bei Bedarf im pädagogischen Schuldezernat an sie zu wenden. Auch Gevelsbergs Bürgermeister Claus Jacobi begrüßte die Synodalen. „Sie sind hier in einer Stadt, in der das Miteinander von Kirche und Kommune gelebt wird.“

   

Gerhardt Marquardt verabschiedet

Nach 43 Jahren als Kirchenmusiker an der Gevelsberger Erlöserkirche wurde Kreismusikdirektor Gerhard Marquardt von Superintendent Schulte mit großem Dank in den Ruhestand verabschiedet. In der Erlöserkirche hat es bereits einen Abschiedsgottesdienst für ihn gegeben. Wie am selben Tag auch in der Zeitung zu lesen war, möchte Marquardt auch künftig spielen. Und so machte er auch vor der Synode nicht viele Worte, sondern verabschiedete sich am Flügel mit „Summertime“ aus Gershwins Oper „Porgy and Bess“, womit er auch für den bevorstehenden 13. Orgelherbst warb.

Pfarrer Thomas Bracht vom Partnerschaftsausschuss des Kirchenkreises Schwelm überbrachte Grüße und gute Wünsche der Partnerkirche in Westpapua für die Synode sowie für alle das Heft „Gegen Menschenverachtung und Gewalt“ zur politischen Situation dort. Er verwies auf die im Saal aufgestellten Tafeln der Ausstellung „Jugend in Westpapua“, die in den nächsten Monaten den Gemeinden im Kirchenkreis zur Ausleihe zur Verfügung stehen. 

   

Ausführlicher Jahresbericht

In seinem Jahresbericht der Kirchengemeinden, Arbeits- und Dienstbereiche ging Superintendent Schulte zunächst ein auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie, durch die viele Angebote ausgefallen sind, manches aber auch durch digitale Alternativen aufgefangen und dabei neue Kreativität entdeckt wurde. „Ich hätte es mir vor einem Jahr nicht träumen können, die Osternacht in einer kleineren Gemeinschaft vor den Bildschirmen zu feiern und so miteinander durch Christus verbunden zu bleiben. Zwischendurch habe ich mich da an den Anfang aller christlichen Gemeinschaft erinnert gefühlt, wo man sich ja auch in den Häusern traf.“ Insgesamt habe die Kirche einen „Digitalisierungsschub“ bekommen: „Wir denken neu über das nach, was uns als Kirche auf allen Ebenen ausmacht!“

Zum 31.12. hatte der Evangelische Kirchenkreis Schwelm nur noch 39.126 Gemeindeglieder. Die Arbeit werde jedoch nicht weniger, denn sie muss auch auf weniger Schultern verteilt werden. Das werfe Fragen auf: „Wie und wo wollen wir in Zukunft Zeit, Arbeit und Geld investieren? Was müssen wir lassen? Und wofür stehen wir als Kirche?“ Mitarbeitende seien schwerer zu finden als früher und eher für begrenzte Projekte denn auf Dauer. Bei der Arbeit vor Ort wüchsen Haupt- und Ehrenamt, verschiedene Professionen und Gaben zusammen; neu sei etwa ein „interprofessionelles Team“ in Schwelm.

Großen Dank sprach Schulte den Mitarbeitenden in den Kindertagesstätten aus: „Gerade sie waren und sind in dieser Zeit gefordert.“ Einmal durch die ständig veränderten Vorschriften aufgrund der Pandemie, aber auch wegen der Qualitätsanforderungen durch das Kinderbildungsgesetz. Bei der Finanzierung bleibe man weiterhin auf die freiwilligen Zuschüsse der Kommunen angewiesen.

Auf kreiskirchlicher Ebene machte Schulte zwei Tendenzen aus: Die Personaldecke wird dünner, aber im Kirchenkreis der kurzen Wege seien die Kooperationen etwa unter den synodalen Diensten sehr lebendig. Von der Einführung des Neuen Kirchlichen Finanzsystems (NKF) hätten viele sich mehr erhofft, aber das von der Landeskirche geschaffene Kompetenz-Center für die Umstellung sei eine große Hilfe. „Vieles ist im Moment im Fluss, aber ich habe den Eindruck, dass wir auf einem guten Weg sind.“

Ein Vorzeigeprojekt des Kirchenkreises sei die Jugendkirche, die jetzt „Connect“ heißt. Das Angebot für junge Erwachsene bringe auch veränderte Formate mit sich. Schulte: „Was mir jetzt schon gefällt, ist der Mut zu experimentellen Ausdrucksformen von Gottesdienstformaten‘, wie es im Jahresbericht von ,Connect‘ heißt. Das scheint mir unabhängig von der Jungen Kirche für die Zukunft wichtig zu sein: Dass wir einfach auch mal was auf allen Ebenen ausprobieren. Wir brauchen insgesamt Freiräume und Ressourcen für Experimente und Innovationen, von denen wir jetzt noch nicht wissen, ob sie funktionieren werden.“

Zum Schluss stellte der Superintendent Ergebnisse aus einer Klausur zur Zukunft des Kirchenkreises vor:

  • Wir nutzen verstärkt die Möglichkeiten der digitalen Kommunikation und stellen die dafür erforderlichen Ressourcen zur Verfügung.
  • Kirchenmusik soll weiterhin ein Markenzeichen unseres Kirchenkreises sein. Wir fördern populare und klassische Kirchenmusik.
  • Wir nehmen die Zielgruppe der jungen Erwachsenen (16 – 27 Jahre) verstärkt in den Blick und entwickeln zielgruppenspezifische Angebote.
  • Wir stellen durch unsere Öffentlichkeitsarbeit auf allen Ebenen sicher, dass unser evangelisches Profil in den klassischen wie in den modernen Medien wahrnehmbar und zielgerichtet ist.
  • Wir bewahren und fördern eine intensive Kasualpraxis in den Gemeinden wie im Kirchenkreis.

  

Im Anschluss ging Synodalassessor Pfarrer Uwe Rahn die einzelnen Punkte noch einmal durch. Es sei lange her, wie er bemerkte, dass ein Jahresbericht so intensiv diskutiert wurde. Bei den ungewöhnlich vielen Wortmeldungen ging es um die Abwanderung der Frauenbeauftragten in den Nachbarkreis und geringe Zahl von Frauen in Leitungspositionen des Kirchenkreises, was sich, so Superintendent Schulte, zum Teil erst bei der Neubesetzung der Pfarrstellen ändern wird. Aber auch die Kinder- und Jugendarbeit sowie die Digitalisierung von kirchlichen Angeboten und das Zusammenwachsen mit anderen Kirchenkreisen wurden diskutiert.

Einstimmig beschloss die Kreissynode die Bildung eines gemeinsamen Kirchenkreisverbandes mit den Evangelischen Kirchenkreisen Hattingen-Witten und Hagen. Dieser soll als gemeinsame (körperschafts-übergreifende) zentrale Verwaltungsstelle unter dem Namen „Kreiskirchenamt der Evangelischen Kirchenkreise Hagen, Hattingen-Witten und Schwelm“ die Verwaltungsaufgaben der Kirchenkreise im Gestaltungsraum IV wahrnehmen.

      

Neuer KSV gewählt

Nach der Pause ging es um Wahlen und Berufungen im Kreissynodalvorstand. Zu wählen waren Assessor, Scriba, sechs Synodalälteste und ihre Vertretungen, außerdem die Abgeordneten zur Landessynode, der theologische Ausschuss auf Gestaltungsraumebene, der Arbeitskreis Partnerschaftsarbeit West Papua, der regionale Arbeitskreis für Mission, Ökumene und kirchliche Weltverantwortung sowie auf Gestaltungsraumebene Umwelt-, IT- und Arbeitsschutzausschuss, der Nominierungsausschuss, die Ausschüsse für Kirche und Schule, Finanzen und Jugend, der gemeinsame Frauenausschuss mit dem Kirchenkreis Hattingen-Witten und der Rechnungsprüfungsausschuss Region Süd. Die Position des Kreiskantors ist ausgeschrieben, eine Besetzung aufgrund der Erschwernisse eines Bewerbungsverfahrens durch die Pandemie in nächster Zeit nicht sehr wahrscheinlich. Kai Kapanski wurde aus dem Kreissynodalvorstand verabschiedet. 

Der Superintendent selbst stand nicht zur Wahl, seine Amtszeit endet erst 2025. Nachdem die Synode bereits zuvor den geringen Frauenanteil in den Gremien diskutiert hatte, stellte sich spontan Dr. Sally Ischebeck, die neue Leiterin der Evangelischen Beratungsstelle, bei der Wahl der Synodalältesten zur Verfügung – zuvor war sie lediglich als Stellvertreterin aufgestellt. Uwe Rahn bleibt Assessor, sein Stellvertreter Michael Hayungs. Scriba bleibt Armin Kunze, Stellvertreter Uwe Hasenberg. Synodalältester ist André Hagemeier, seine Stellvertreterin Dr. Sally Ischebeck.  Weitere Synodalälteste sind Erwin Weller, Frank Ehrenthal, Hartmut Hüttenhoff, Peter Mühlenhoff und Günter Kalhöfer. Zur Landessynode fahren Uwe Hasenberg, Harald Bertermann und Dr. Astrid Seckelmann.

Auch nahm die Kreissynode Stellung zu verschiedenen Kirchengesetzen der EKvW, die auf der nächsten Landessynode verabschiedet werden sollen. Zum einen entfällt bei der Wählbarkeit von SuperintendentInnen die Bedingung, dass sie zuvor fünf Jahre lang PfarrerIn gewesen sein müssen; das Pfarramt innezuhaben genügt. Und mit dem Kirchengesetz zum Schutz vor sexualisierter Gewalt will die EKvW klare Standards zum Schutz vor und im Umgang mit sexualisierter Gewalt setzen: Zu Prävention, Intervention, Hilfe und Aufarbeitung werden für alle kirchlichen Körperschaften verbindliche Regelungen getroffen. Beide Gesetzesvorlagen wurden einstimmig angenommen.