EvangelischeEv. Kirche in Ennepetal, Gevelsberg, Haßlinghausen, und Schwelm

Mit Musik, Technik und Ambiente: Jugendkirche will Abwanderung stoppen

Dass Christenmenschen voller Hoffnung sind, darf man wohl erwarten. Dass diese Hoffnung aber nicht dazu führen muss, dass sich Kirchenleute der Realität verweigern, konnten die Teilnehmenden der ersten Tagung 2018 der Kreissynode im Martin-Luther-Haus in Haßlinghausen erleben. Trotz immer noch guter Finanzlage werden schon jetzt die Weichen für die Zukunft gestellt – personell, aber auch inhaltlich. Denn dass sich etwas ändern wird, ist absehbar: Die Gemeindegliederzahlen sind rückläufig, es fehlt am theologischen Nachwuchs und Gebäude werden aufgegeben. Nicht aber die Hoffnung…

Wichtige Übung bei Synoden: Per Abstimmung entscheiden die Synodalen über die Zukunft des Kirchenkreises.

André Hagemeier, Kerstin Becker und Daniel Jung (v.l.n.r.) stellen auf der Sommersynode ihre Ideen für eine Jugendkirche vor.

Matthias Küstermann, der ständige stellvertretende Leiter des Kreiskirchenamtes, stellt sich der Kritik der Synode und erläutert dem Kreissynodalvorstand (KSV) Strategien für die Verwaltungsarbeit.

Superintendent Andreas Schulte fasst die Berichte der Gemeinden und Dienste für die Synode zusammen.

Zweimal pro Jahr, jeweils im Sommer und im Herbst, trifft sich die Synode,  quasi das Kirchenparlament der 5 Gemeinden in den Städten Ennepetal, Gevelsberg, Schwelm und Sprockhövel, um über alle wichtigen Themen, die Finanzen, Strukturen und Inhalte kirchlichen Lebens zu beraten. 57 Synodale sind dabei stimmberechtigt – trotz der hochsommerlichen Temperaturen konnte der vor einem Jahr gewählte Superintendent Andreas Schulte 49 von ihnen erstmals im neuen Marin-Luther-Haus begrüßen. Inhaltlich ging es um die Zukunft der Jugendarbeit und der Verwaltung im gemeinsamen Kreiskirchenamt, aber auch um deutliches Positionieren, etwa in der Flüchtlingsfrage.

 

„Wir sind ein leistungsfähiger Kirchenkreis und hier spiegelt sich etwas vom Wirken Gottes unter uns wider“, freute sich Pfarrer Andreas Schulte in seinem ersten Jahresbericht als Superintendent. Und schob gleich ein paar ernüchternde Zahlen hinterher: Nur noch 41.450 Mitglieder gehörten am 31. Mai zum Kirchenkreis Schwelm; die Gemeinden verlieren durchschnittlich etwas über zwei Prozent, also fast  900 Menschen pro Jahr. Bei 2850 Gemeindegliedern pro Pfarrstelle kommt der Kirchenkreis so rechnerisch noch auf 17,25 Theologen. Scheidet einer aus, so wie zuletzt Pfarrer Hans Schmitt, wird die Stelle in der Regel nicht wiederbesetzt. Das wiederum führt dazu, dass Gottesdienste verschoben oder gar gestrichen und nicht mehr benötigte kirchliche Gebäude verkauft werden. Mühsame Veränderungsprozesse, Trauer und Abschiede führen in den Gemeinden und Dienste im Kirchenkreis dennoch nicht zu Resignation und Frust, so der Superintendent in seinem Bericht: „Wir erleben wunderbare Gemeinschaft, gegenseitige Stärkung, gelungene Feste und Aktionen, Ermutigung durch Wort, Brot und Wein.“

Und so halten sich auch die Synodalen des Kirchenkreises nicht mit Wehklagen auf, sondern planen aktiv die Zukunft. Nach einer Einbringung des ständigen stellvertretenden Leiters des Kreiskirchenamtes, Matthias Küstermann, diskutierten die Vertreterinnen und Vertreter aus den Gemeinden leidenschaftlich und teilweise kontrovers über die Aufstockung des Stellenplans in der Verwaltung. Ist es vermittelbar, wenn auf der einen Seite Personal eingespart wird, gleichzeitig aber die Wirtschafts- und Personalabteilung größer werden sollen? Ist es, so das Ergebnis der anschließenden deutlichen Abstimmung: Durch eine leistungsfähige Verwaltung können die Gemeinden sich stärker auf ihre inhaltlichen Aufgaben konzentrieren und die Einführung des Neuen Kirchlichen  Finanzwesens, NKF, soll, wenn es denn nach der anstrengenden Einführungsphase endlich fehlerfrei funktioniert, Planungssicherheit, bessere Steuerung  und  eine realistische Darstellung der Vermögensentwicklung der Gemeinden bringen.

Mit einem erfrischenden Plädoyer für eine zeitgemäße Jugendarbeit ging es dann nach der Mittagspause weiter: André Hagemeier, Kerstin Becker und Pfarrer Daniel Jung präsentierten Ideen für eine Jugendkirche, die der Abwanderung junger Menschen  nach der Konfirmation entgegenwirken soll.

„Jugendliche sind digital geprägt, sie wachsen mit dem Smartphone auf, sind extrem gut vernetzt und eventorientiert“, fasste Daniel Jung anschaulich zusammen. Der 34-jährige begann am 1. Januar 2017 seinen Entsendungsdienst in Gevelsberg – und obwohl er wohl deutlich jünger als die meisten seine Kollegen im Pfarramt ist, ist der Altersdurchschnitt auch bei seinen Predigten nicht nennenswert niedriger als im durchschnittlichen Sonntags-Gottesdienst. Sein Fazit: „Mit dem traditionellen Angebot erreichen wir diese Jugendlichen nur noch bei Kirchentagen.“ Gemeinsam mit Kerstin Becker, im Kirchenkreis zuständig für die Betreuung und Begleitung von Bands und Chören in der Jugendarbeit und dem Geschäftsführer der Evangelischen Jugend, André Hagemeier, stellte er der Synode nun Ideen für eine mobile, gemeindeübergreifende Jugendkirche vor, die von Jugendlichen selbst gestaltet, mit viel Musik, moderner Technik, in jugendgerechtem Ambiente und vor allem nah an der Lebenswirklichkeit der Jugendlichen werden soll. „Eine solche altersgemäße Vermittlung des Evangeliums kann eine tolle Ergänzung der Angebote vor Ort sein“, begeisterte Kerstin Becker trotz der vorgerückten Stunde bei hochsommerlichen Temperaturen die Synodalen. Nun geht es in die weiteren Planungen.

Einigkeit herrschte ebenfalls bei einem Antrag, den Dr. Astrid Seckelmann als Synodalbeauftragte für Flüchtlingsarbeit einbrachte: Darin ging es um die Bereitstellung von Sondermitteln der Landeskirche für die Integration von Geflüchteten. Seit 2014 hat die Kirchenleitung auf Bitten der Landessynode Mittel zum Aufbau der Flüchtlingsarbeit in den Gemeinden zur Verfügung gestellt. Seit 2016 flossen so 1.000.000 Euro pro Jahr in die Kirchenkreise. Im Kirchenkreis Schwelm konnte aus diesen Mitteln ein Rechtshilfe- und Sprachmittlerfonds aufgebaut werden. Auch die Flüchtlingsarbeit von ökumenischen Partnern an den EU- Außengrenzen  soll so unterstützt werden.