Bielefeld. Unmittelbar vor der Abstimmung des Deutschen Bundestags zum sogenannten Zustrombegrenzungsgesetz hat der Theologische Vizepräsident der Ev. Kirche von Westfalen (EKvW), Ulf Schlüter, die Stellungnahme der kirchlichen Büros in Berlin zum Gesetzentwurf bekräftigt.
„Den im November bereits beratenen und abgelehnten Gesetzentwurf jetzt explizit in Zusammenhang mit den schrecklichen Mordtaten von Magdeburg und Aschaffenburg zu bringen und erneut zur Abstimmung zu stellen, knüpft an Stimmungen und Ressentiments an, nicht an Fakten. Beide Attentate sind offenbar von psychisch erkrankten Menschen verübt worden. Nach jetzigem Kenntnisstand wäre keine der Taten durch die Gesetzesänderung verhindert worden, vielmehr offenbaren sie schwerwiegende Mängel in der Zusammenarbeit verschiedener Behörden.
Dass der Gesetzentwurf den Familiennachzug zu Personen mit subsidiärem Schutz bis auf Weiteres grundsätzlich aussetzen will, ist mit dem Gebot einer humanitär orientierten Migrationspolitik nicht zu vereinbaren. Der besondere Schutz der Familie zählt nicht umsonst zu den im Grundgesetz dem Staat unbedingt aufgetragenen Pflichten. Dieser Schutz der Familie gilt auch für Menschen, die auf der Flucht vor tödlicher Gefahr nach Deutschland gekommen sind. Die Grundartikel sind kein Recht nur für Deutsche.
Es steht außer Frage, dass Zuwanderung um des gesellschaftlichen Friedens und Zusammenhalts willen gesteuert werden muss. Dieser Grundsatz ist im geltenden Aufenthaltsgenehmigungsgesetz deshalb klar und unmissverständlich an den Anfang gestellt. Der Vorschlag des sog. Zustrombegrenzungsgesetzes, diesen Grundsatz wieder – wie vor 2023 - um den Begriff der Begrenzung zu erweitern, ist einerseits überflüssig, andererseits fahrlässig. Deutschland ist in den kommenden Jahren und Jahrzehnten zwingend auf Zuwanderung angewiesen, wenn Wohlstand und gesellschaftlicher Frieden erhalten werden sollen. Zugleich leisten schon jetzt Millionen von Menschen mit Migrationshintergrund in unserer Gesellschaft kostbare und völlig unverzichtbare Arbeit. Ihnen allen wird mit dem erneut eingetragenen Begriff der Begrenzung im Subtext signalisiert, dass sie letztlich nicht als Teil dieser Gesellschaft gewünscht und akzeptiert sind.
Wenn dieser Gesetzentwurf nun unterstützt von den Stimmen einer rechtsextremistisch orientierten Partei durchgesetzt wird, die die sog. Remigration von Millionen in Deutschland beheimateter Migrantinnen und Migranten plant, trägt dieses Vorgehen zur gesellschaftlichen Spaltung und zum Unfrieden bei. Eine Zusammenarbeit mit der AfD ausgerechnet in der Migrationspolitik ist ein verheerendes Signal an alle hier lebenden Menschen mit Migrationshintergrund. Für die demokratische Kultur unseres Landes ist sie ein äußerst gefährlicher Tabubruch.“