In einem leerstehenden Ladenlokal in Ennepetal-Milspe wurde die „Weihnachtszeitreise“ aufgebaut. Das war eine Art Sinnenparcours, bei dem Besuchergruppen durch liebevoll ausgestattete Räume geführt wurden. Man konnte dort die Weihnachtsgeschichte mit allen Sinnen nacherleben. Im ersten Raum war ein typisches weihnachtliches Geschäft aus der heutigen Zeit nachgestellt. Von dort ging es durch einen „Zeittunnel“ direkt in die Zeit Jesu um das Jahr 0 herum. Man befand sich plötzlich auf einem Marktplatz in Nazareth. Und dort traf man dann, um sich wirklich noch mal in diese Zeit einfühlen zu können, auf einen römischen Soldaten, der streng und unerbittlich das Wort verlas, wonach der Kaiser Augustus allen Bürgern befiehlt, sich in seine Geburtsstadt zu begeben und sich in die Steuerlisten einschreiben zu lassen. Das ist der berühmte Satz, mit dem die Weihnachtsgeschichte im Lukasevangelium beginnt: Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Diesen Befehl verlas dieser Römer da auf dem Marktplatz in der „Weihnachtszeitreise“.
Einmal habe auch ich diesen Römer gespielt, habe ich mich in die Rüstung gezwängt, hatte einen Speer in meiner Hand und trug einen Helm, der eigentlich viel zu klein für mich war und den ich mir fest auf meinen Schädel gedrückt hatte, damit er nicht runterfiel. Sonst wäre wohl die bedrohliche Wirkung auf die Besuchergruppe völlig futsch gewesen. Aber ich muss meine Sache wohl einigermaßen zufrieden stellend gelöst haben, denn ich bekam nachher vom Vorbereitungsteam gesagt: „Wenn alle Römer damals so aufgetreten wären wie Du heute, wäre das Römische Reich wohl niemals untergegangen.“ Also habe ich da wohl als Römer einen gewissen Eindruck hinterlassen.
Mich selbst hat aber etwas ganz anderes beeindruckt. Denn man hatte als Römer nur einen kurzen Auftritt auf dem Marktplatz von Nazareth. Dann ging die Besuchergruppe weiter zur nächsten Station. Das Licht in meinem Raum wurde ausgemacht. Ich saß da und hörte, wie die Gruppe weiter ging und ihr die Weihnachtsgeschichte erzählt wurde: von Maria und Josef, die keinen Platz in der Herberge fanden; vom Kind, das in eine Krippe gelegt wurde; von den Engeln, die den Hirten erschienen und die sich dann auf den Weg nach Bethlehem machten. Ich habe für mich selbst noch einmal intensiv auf die Weihnachtsgeschichte gehört, auf die Botschaft, dass da etwas in dieser Nacht geschehen ist, das auch mir gilt. Dass die Gnade Gottes in diesem Kind auf die Welt gekommen ist.
Komisch, dass man sich das in jedem Jahr, an jedem Weihnachtsfest wieder neu sagen lassen muss. Weil es einfach Dinge im Leben gibt, die man sich nicht selbst sagen kann, sondern sich sagen lassen muss. Und deshalb freue ich mich schon jetzt darauf, an Heiligabend die Worte zu hören, die mich hineinnehmen in das Wunder der Heiligen Nacht: Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde.
Ihr
Andreas Schulte